Wer unter den Trümmern seines eingestürzten Hauses feststeckte, hatte mehr als genug mit sich selbst zu tun. (Seite 161)

Cover: Als wir unsterblich waren

 

Zum Inhalt

Im November 1989 beim Fall der Berliner Mauer, begegnen sich Alexandra aus dem Osten und Oliver aus dem Westen. Als Alexandras Großmutter Paula aus ihrer Jugend zu erzählen beginnt, wird langsam klar, wie sehr die Ereignisse und ihre jahrzehntealten Entscheidungen das Leben ihrer Enkelin prägen und beeinflussen.  

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Es ist nun schon einige Tage her, daß ich das Buch beendet habe, aber noch immer denke ich darüber nach, was ich dazu schreiben soll. „Das Buch hat mir sehr gut gefallen“, wäre kurz und bündig eine Möglichkeit, aber denn doch etwas zu kurz.

„Ich habe die Wirklichkeit satt.“, so liest man auf Seite 375. Im Buch gehört der Satz ins Jahr 1919, und ich vermute, daß seinerzeit viele Menschen so oder so ähnlich gedacht haben werden. Aber woran liegt es, daß man heute so sehr auf jene Wirklichkeit, von der die Menschen mehr als genug hatten, starrt, fast wie das Kaninchen auf die Schlange? Was macht das Faszinosum jener Zeit aus, das auch mich immer wieder dorthin zurückschauen läßt zu jener „Urkatastrophe des Jahrhunderts“, wie der 1. Weltkrieg bisweilen auch bezeichnet wird?

Nun, diese Frage kann und will die Autorin in ihrem Buch sicherlich nicht beantworten, das muß jeder für sich selbst tun. Aber sie zeigt sehr schön auf, wie sehr sich Vergangenheit und Gegenwart beeinflussen, voneinander abhängig sind, auch wenn man selbst dieses (auf den ersten Blick) gar nicht wahrnimmt - oder wahrnehmen kann.

Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen. Da ist die Rahmengeschichte im Jahre 1989, beginnend am Tage des Mauerfalls, und da ist die Hauptgeschichte, die im August 1912 einsetzt. Es dauert eine Weile, bis man versteht - oder besser: beginnt zu verstehen -, wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen, welche Wirkungen die Ereignisse der Vergangenheit auf die Geschehnisse der Gegenwart haben, wie kleine Entscheidungen große Wirkungen zeitigen können.

Was dieses Buch von so manchem anderen unterscheidet ist, daß auch die Geschichte der SPD jener Tage Eingang in die Handlung gefunden hat. Dabei ist es der Autorin gelungen, historische und fiktive Figuren der Partei auftreten zu lassen, die teilweise durchaus, fast möchte ich sage, fanatisch waren, aber dabei dennoch einen Stil zu wahren, der auch Leser, die sich für dieses Kapitel der Geschichte eigentlich weniger interessieren, fesselt und weder missionieren noch belehren will, sondern die Dinge so erzählt, wie sie damals waren.

Der Stil konnte mich sehr bald fesseln, die Figuren erwachten zum Leben - ob ich sie nun mochte oder nicht.

Insgesamt war der Roman eine interessante Lektüre, die mir mir bisher unbekannte Dinge der deutschen Geschichte nahegebracht hat. Sehr geschickt fand ich die Verknüpfung von zwei Zeitebenen, die eine Brücke in die Gegenwart bildet und damit um so mehr die Aktualität des Erzählten unterstreicht.  

 

Kurzfassung

Ein beeindruckender Roman über eine chaotische Zeit.  

 

 

Über die Autorin

Charlotte Roth wurde in Berlin geboren und ist seit rund zehn Jahren als Autorin tätig.  

Bibliographische Angaben

576 Seiten, kartoniert. Verlag: Knaur Taschenbuch, München 2014  

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