Es war nicht die Kunst, das Versagen zu vermeiden; die wahre Kunst war es, darum zu wissen und weiterzumachen. (Seite 151)

  Cover: Der Jahrhundertwinter

Zum Inhalt

Am Heiligabend 1845 wird auf Gut Briest Paul Baermann, ein Freund der Familie, erwartet. Als dieser nach Stunden nicht eingetroffen ist, macht sich Alvin von Briest mit einigen Knechten sowie Otto von Bismarck auf die Suche nach dem Vermißten.
Derweil erzählt seine Frau Louise ihrem Sohn eine mittelalterliche Geschichte über einen „Hirten“. In beiden Fällen - Suche wie Geschichte - ist nicht klar, ob es am Ende gut ausgehen wird.

 

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Das Buch hat mich sowohl vom Cover, vom Titel als auch von der Inhaltsbeschreibung angesprochen, so daß ich ein stimmungsvolles Weihnachtsbuch erwartete. Ein gutes Buch habe ich bekommen, stimmungsvoll auch. Aber ob ich es als regelrechte „Weihnachtsbuch“ bezeichnen würde, da bin ich mir noch nicht so ganz sicher.

Der Roman besteht aus zwei Zeitebenen: der Haupthandlung am Heiligabend des Jahres 1845 und einer darin eingebetteten Erzählung, die im 12. Jahrhundert spielt. Während sich bei mir in der Hauptgeschichte des 19. Jahrhunderts durchaus so etwas wie ein Weihnachtsgefühl einstellte, wollte das bei der mittelalterlichen Erzählung nicht so recht gelingen. Dafür war sie mir, obwohl ebenfalls an Weihnachten spielend und mit mehr als genug Schnee „versehen“, zu rauh, zu „kämpferisch“ und zu abenteuerlich.

Sehr gut anfreunden konnte ich mich jedoch mit der Rahmenhandlung. Auch wenn die Protagonisten nicht im gemütlichen Zimmer saßen, sondern sich mit den Unbilden eines Schneesturmes und manch anderen Ärgernissen herumschlagen mußten, kam bei mir so etwas wie Weihnachtsstimmung auf. Was möglicherweise auch daran liegen mag, daß die Eisenbahn eine gewisse Rolle spielte. Und (Modell-) Eisenbahn und Weihnachten gehören für mich seit früher Kindheit zusammen und erzeugen für mich per se so etwas wie „Weihnachtsstimmung“.

Den „Jahrhundertsturm“ des selben Autors habe ich leider noch nicht gelesen, was andererseits vielleicht nicht ganz verkehrt ist, da der „Jahrhundertwinter“ vor den Ereignissen des „Jahrhundertsturms“ angesiedelt ist. Andererseits wären umgekehrt natürlich die Figuren bekannt. Im Nachwort geht der Autor sowohl auf das Verhältnis der beiden Bücher zueinander als auch auf die im mittelalterlichen Teil eine Rolle spielenden Wölfe und deren Verhalten ein. Da hier eine Legende innerhalb eines Romans erzählt wird, habe ich mit dem von Dübell beschriebenen eher unnatürlichen Verhalten der Wölfe keine Probleme und kann so manche Kritik daran nicht ganz nachvollziehen.

Figuren wie Handlung waren mir in beiden Teilen gleichermaßen verständlich, wenngleich es Dübell gelungen ist, mich gegen Ende mehrfach zu überraschen. So wenig ich solche „unvorhersehbaren Wendungen“ in Büchern normalerweise mag, hier sind diese absolut gelungen, sinnhaft und passen zu Inhalt und Bedeutung von Weihnachten, auch wenn ich nicht unbedingt Weihnachtsstimmung empfunden haben mag.

Seltsamer war schon der Gedanke, daß ein gewisser Fürst Otto von Bismarck, der hier auftritt und eine wesentliche Rolle spielt, zu jener Zeit ein junger Mann war; ist er mir von Bildern her doch praktisch nur in seinen älteren Jahren geläufig. Auf jeden Fall empfand ich ihn sehr gut getroffen und kann mir vorstellen, daß er wirklich so sprach und dachte, wie im Buch geschildert. Vielleicht sollte ich dies endlich einmal zum Anlaß nehmen, seine „Gedanken und Erinnerungen“ zu lesen?

Auf jeden Fall ist dieses Buch nun der Anstoß, den „Jahrhundertsturm“, der seit geraumer Zeit im Bücherregal steht, anzugehen. Für ein Buch mit einer Lok im Winter auf dem Cover ist die Weihnachtszeit sicherlich die richtige.

 

Kurzfassung

Ein Roman, dessen beide Erzählstränge an Weihnachten spielen, mir aber nur bedingt ein Weihnachtsgefühl vermittelten. Davon abgesehen ein gutes bis sehr gutes Buch, das auf seinen relativ wenigen Seiten eine deutliche Tiefe entfaltet.

 

 

Über den Autor

Richard Dübell wurde 1962 geboren und lebt mit seiner Familie bei Landshut. 2003 erhielt der den Kulturpreis der Stadt Landshut.

Bibliographische Angaben

189 Seiten, kartoniert. Verlag: List Taschenbuch Verlag, Berlin 2015

Cookies erleichtern bzw. ermöglichen die Bereitstellung unserer Dienste. (Bei der Nichtannahme von Cookies kann die Funktionsfähigkeit der Website eingeschränkt sein.)