Eagle shook his head, confused. As a child, he hat been completely convinced of the reality of the stories of the Trickster. Only with the practicality of the adult had he put aside the cherished beliefs of childhood. * (Seite 100)

 

Cover: Man of the ShadowsZum Inhalt

Einige Jahre nach den Ereignissen des Vorgängerbandes wird Eagle, Bruder des Medizinmannes Eule, von diesem vor der letzten Büffeljagd des Jahres gewarnt, besonders vorsichtig zu sein. Die Zeichen seien gut, aber es gäbe da einen nicht zu deutenden Schatten. Später wird Eagle sich wünschen, besser auf den Rat seines Bruders gehört zu haben. Es kommt zum Stampede der Büffelherde - und er ist mit seinem Pferd mittendrin ohne Möglichkeit zu entkommen. Über Kilometer geht die Jagd, bis ein Teil der Herde schließlich über einen Abhang in ein Flußtal stürzt - und mitten darunter Eagle.
Als er aus einer Ohnmacht erwacht, wundert er sich, weshalb er noch am Leben ist. Denn weder hätte er so weit vom Abhang aufkommen noch diesen Sturz überhaupt überleben können. Und noch seltsamer ist dieser Alte Mann, der plötzlich aus dem Nichts auftaucht und ihm hilft. Mit einem gebrochenen Bein, den Winter vor der Tür, sind die Überlebenschancen äußerst gering.
Aber der Alte Mann entwickelt Fähigkeiten, die Eule an seinem eigenen Verstand zweifeln lassen. Ob es doch eine Überlebenschance gibt?

 

 

 

Meine Meinung

Mit diesem fünften Band, der auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände verständlich ist,  ergibt sich zumindest für die deutschen Leser ein Bruch in der Reihe, denn ab jetzt heißt es in Originalsprache lesen, da nur die ersten vier Bände übersetzt wurden. Mit etwas gemischten Gefühlen begann ich also dieses Buch, ist es doch häufig Usus, daß in Übersetzungen die Namen der Figuren geändert werden. Aber in dieser Hinsicht waren die Bedenken grundlos: dankenswerterweise hatten die Figuren auch in den deutschen Ausgaben die gleichen Namen wie im Original, so daß ich ob der vertrauten Namen und Begriffe nach längerer „Leseabwesenheit“ recht bald wieder beim Volk heimisch war; es war eine Rückkehr zu guten Bekannten, auch wenn die Zeit weiter gegangen ist und jetzt die Generation der Kinder im Fokus steht. Der-ohne-Kopf, seine Frau Die Große oder auch Coyote spielen nur noch Nebenrollen.

Eagle, der älteste Sohn von Der-ohne-Kopf ist zu einem respektierten Krieger herangewachsen. Seine Visionssuche hat ihm nicht viel gebracht, mit seinem Wappentier - dem Adler - verbindet ihn nicht viel. Allem Spirituellen kann er wenig abgewinnen, er ist ein rational und praktisch denkender junger Mann. So schenkt er auch der Warnung seines Bruders, der der Medizinmann des Stammes ist, heute besonders vorsichtig zu sein, keine größere Beachtung. Aber das bereut er bald bitterlich.

Nach schmerzhaften Erfahrungen mit dem Weißen Mann haben die Native Americans (der Begriff „Indianer“ taucht übrigens nirgendwo in der ganzen Buchreihe auf!) schon lange begonnen, ihre Religion als eher geheime Angelegenheit zu betrachten. Schon Christoph Columbus hatte in seinen Aufzeichnungen vermerkt, daß die „Indians“ keine Religion hätten.“ Dieses Buch, schon die Einleitung macht dies überdeutlich, ist aber nur verständlich, wenn man die eben doch vorhandene Religion der Native Americans mit im Blick hat. Für diese waren die „materielle“ und die „spirituelle“ Welt weder ein Gegensatz noch radikal voneinander geschieden, sondern untrennbar miteinander verwoben. Die eine bedingte und beeinflusste die andere.

Aber Eagle hat damit nicht viel am Hut, für ihn zählt nur Logik und das, was man sehen und anfassen kann. In der Hinsicht erscheint er mir sehr modern, denn seine rationalen Erklärungsversuche für anscheinend Irrationales fänden heute vermutlich viel Anklang. Selbst als sich der Alte Mann direkt vor seinen Augen in einen Reiher verwandelt, weigert er sich zu glauben und geht davon aus, falsch gesehen zu haben.

Denn sein Helfer, der sich nur als Old Man vorstellt, scheint über Fähigkeiten zu verfügen, die ein normaler Mensch eigentlich nicht besitzen dürfte. Immer taucht er auf, wenn Eagle in großer Gefahr ist und rettet ihm mehrfach das Leben. Und immer sucht Eagle nach scheinbar logischen Erklärungen für scheinbar Unlogisches. Ehe er seinen Sinnen vertraut, bemüht er lieber gedankliche Logik. Für die Native Americans sind die spirituelle und die materielle Welt eins, beide sind real. Eagle lernt dies auf dem harten Weg, obwohl er nicht lernen wollte und dem Offensichtlichen widerstand (vgl. Nachwort von Robert J. Conley, S. 194).

Old Man in the Shadows ist eine in vielen Teilen der Welt gekannte Figur, wenngleich bekannter unter dem Namen „Trickster“. Von ihm darf man nur nach Einbruch der Dunkelheit sprechen, und immer wieder muß Eagle an die Erzählungen aus seiner Kindheit über den Trickster denken. Waren das für ihn früher solche mit ganz realem Inhalt, so hält er das als Erwachsener eben nur noch für Kindergeschichten. Obwohl die Anzeichen eindeutig sind, obwohl der Old Man sehr deutlich und immer mehr jenen Geschichten entspricht. „Old Man in the Shadows“ ist nicht nur ein einfacher Abenteuerroman, es ist die Geschichte spirituellen Wachstums, des Gewinnens der Erkenntnis, daß in diesem Universum nicht alles mit „messen, zählen, wiegen“ zu erfahren und bestimmen ist, des Hineinwachsens und Annehmens der eigenen Kultur. Insofern erschien mir die „Reise“ des Eagle sehr modern. Vielleicht aber wäre es zu wünschen, daß heute viele Menschen, wenngleich nicht auf so harte Art wie Eagle, die Traditionen, Überlieferungen und Werte der eigenen Kultur schätzen und leben lernen. Im Einklang mit sich und der Welt kann so der Weg in eine bessere Zukunft geebnet werden.

Aber man sollte immer daran denken, daß vom Trickster, dem Old Man in the Shadows oder wie er sonst genannt werden mag, erst nach Einbruch der Dunkelheit gesprochen werden darf. So hat er es vor Urzeiten selbst bestimmt. Manche Überlieferungen sollte man besser nicht übergehen, wer weiß, ob man sonst in Zeiten der Not die rettende Hilfe erhält...

Mein Fazit

Verwoben in eine spannende Abenteuergeschichte um das nackte Überleben ist dies auch eine über spirituelles Wachstum, die tief in das (religiöse) Denken der Native Americans hineinführt. Don Coldsmith gelingt es wie kaum einem anderen, die Welt der amerikanischen Ureinwohner zu Leben zu erwecken.

 

Über den Autor

Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.

Sinngemäße Übersetzung

* = Eagle schüttelte verwirrt seinen Kopf. Als Kind war er völlig vom der Wirklichkeit der Geschichten über den Trickster überzeugt gewesen. Erst mit dem nüchternen Denken des Erwachsenen hatte er die geliebten Überzeugungen der Kindheit abgelegt.

Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe

197 Seiten, kartoniert Mit einem Nachwort von Robert J. Conley (Cherokee)
Verlag: Bantam Domian Books, New York 1988. ISBN 978-0-553-27067-9
 

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