Das Leben war - so viel hatte Mrs Hill längst erkannt - eine einzige Geduldsprobe, an der alle zuweilen scheiterten. (Seite 363)

 

Cover: Im Hause LongbournZum Inhalt

Sarah ist eines der Mädchen im Dienste der Bennets. Während die Bennet-Töchter sich mit ihren Gentleman abgeben, Bälle besuchen und zu Dinners in Longbourn geladen wird, wird hier die Welt der Bediensteten geschildert. Die Arbeit, die hinter all dem steckt. Als ein neuer Hausdiener eingestellt wird, scheint es etwas leichter zu werden. Doch der verbirgt ein Geheimnis, das großes Unglück heraufbeschwören kann.  

 

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Das hätte ein wirklich gutes Buch sein können, das durchaus das Potential hat, mir gefallen zu können. Wenn, ja wenn die Autorin nicht den Kardinalfehler begangen hätte, ihre Geschichte an Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ anzuhängen bzw. die andere Seite hätte erzählen wollen. Das ist ihr für meine Begriffe gründlich mißlungen.

In diesem kurzen Moment spürte sie eine Leichtigkeit und innere Ruhe, die, wie ihr später klar wurde, Glück sein mußte. (Seite 223) Nun, wer Leichtigkeit und innere Ruhe in diesem Buch sucht, sollte es wohl eher nicht lesen. Auch wenn das Vorbild Jane Austen vielleicht dazu verleitet, genau dieses hier zu finden. Aber zumindest ich fand in diesem Roman vieles: die eher (im wörtlichen Sinne) schmutzigen Seiten des Alltags, Krieg, Quälerei, Schmerz, Leid - das ist von Leichtigkeit und innerer Ruhe denn doch ein ganzes Stück entfernt.

Dabei klang das Thema so überaus interessant: ein Blick hinter die Kulissen von Longbourn, dem Hause der Bennets. Ich habe schon einige Fortsetzungen zu „Stolz und Vorurteil“ gelesen, mehr oder weniger gute, die mich mehr oder weniger zufrieden zurück ließen. Aber noch nie wurde ich dermaßen ent-täuscht wie von diesem Buch. Wie das in einer Zeitungsrezension als „großartiger Tribut an Jane Austen“ bezeichnet werden kann, entzieht sich meinem Verständnis.

Auf Seite 412 findet sich eine recht gute Beschreibung des Grundgedankens dieses Buches: (...) man hatte ihr alles genommen, und sie war ganz auf sich allein gestellt, ihr blieb nur ihr rauer, verletzbarer Kern. (...) Das wäre sicherlich ein gutes Thema für ein Buch, wie es auch die Schilderung der Welt der Dienstboten früherer Zeiten wäre. Würde es sich hier um ein eigenständiges Buch handeln, bei dem ich nicht immerzu die Vorlage im Hinterkopf hätte, dann hätte ich „Im Hause Longbourn“ wohl ziemlich gut gefunden und das Buch hätte mir, trotz des etwas abrupten Endes, vermutlich gefallen. Aber ich ertappte mich an etlichen Stellen fassungslos mit der Frage: „So soll das gewesen sein? Das gibt es ja wohl nicht!“

Wenn man sich das Wohlgefühl, das sich nach dem Lesen von „Stolz und Vorurteil“ gewißlich einstellt, für eine Weile bewahren möchte, so läßt sich das mit vielerlei Dingen erreichen. Aber mit einem ganz bestimmt nicht: indem man direkt danach dieses Buch liest. Und man sollte nicht den Fehler begehen (wie ich es ahnungslos getan habe), die Vorlage direkt vor diesem Buch zu lesen.

Alles in allem bin ich mit diesem Buch überhaupt nicht zufrieden, es ist eines der sehr wenigen Bücher, von dem ich mir wünsche, es nie gelesen zu haben. Und bei dem ich die Hoffnung in mir trage, es möglichst bald vergessen zu können. Als reiner historischer Roman im Sinne von Beschreibung des Lebens der kleinen Leute damals wäre das Buch sicherlich ein guter Einblick in die Lebensumstände, aber Liebhabern von Jane Austen im allgemeinen und „Stolz und Vorurteil“ im Besonderen würde ich es eher nicht empfehlen.  

 

Kurzfassung

Die andere Seite von „Stolz und Vorurteil“ - ganz im Stil des 21. Jahrhunderts. Für mich eine unpassende „Fortsetzung“.  

 

Über die Autorin

Jo Baker wurde in Lancashire geboren, wo sie - nach dem Studium in Oxford und Belfast - mit ihrer Familie auch heute noch lebt.  

Bibliographische Angaben

448 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag.
Originaltitel: Longbourn. Aus dem Englischenen von Anne Rademacher
Verlag: Albrecht Knaus Verlag, München 2014  

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