The night is a strange time; things are different at night, as every human being knows somewhere deep inside him.*

 

Zum Inhalt

Jake Belknap erwirbt im Jahr 1959 einen alten Sekretär. Als er eines der drei Geheimfächer öffnet, findet er einen nie abgesandten Brief der Vorbesitzerin, Helen Elizabeth Worley, aus dem Jahr 1882, in dem sie über ihr Liebesleid klagt. Es ist eine seltsame Nacht, in der Jake den Brief findet. Und seltsam mutet seine Reaktion an: er beantwortet ihn. Einige Tage später erreicht ihn die Antwort Helens auf sein Zeilen. Geschrieben im Jahr 1882! Eine seltsame Beziehung nimmt ihren Lauf, und keiner von beiden weiß ob und wie sie enden wird.

 

 

 

Meine Meinung

Es ist einige Jahre her, als ich das erste Mal auf Jack Finney stieß. Sein „Von Zeit zu Zeit“ hat mich seinerzeit tief beeindruckt, Si Morley - den „Helden“ dieses Romans - habe ich nie vergessen. Als ich dieser Tage auf den Film „Der Liebesbrief“ nach einer Kurzgeschichte von Jack Finney stieß, wollte ich diese auch lesen. Und mußte feststellen, daß sie in meinen Büchern (und anscheinend anderen von ihm) nicht enthalten ist. Aber das Internet ist groß und bietet viel - unter anderem auch auf mindestens zwei Webseiten den Text der Erzählung, die ausgedruckt - je nach Schriftgröße - etwa acht bis neun DIN A4 - Seiten umfaßt. Kaum hatte ich den Text gefunden, war die Geschichte schon verschlungen. Wiederum ist es Finney gelungen, mich in seinen Bann zu ziehen. Und ich frage mich, weshalb ich so lange nichts mehr von ihm gelesen habe.

Geht es in „Von Zeit zu Zeit“ direkt um Zeitreisen, so ist hier „nur“ der Kontakt über die Jahrzehnte hinweg ein Thema. Denn weder Jake noch Helen haben die Möglichkeit, die Jahrzehnte zwischen ihren Leben zu überbrücken und zueinander zu kommen. Einzig und allein die Briefe, die sie austauschen, finden den Weg durch die Zeit - wie auch immer das geschehen mag. Denn die Kürze der Erzählung bedingt, daß darauf (entgegen etwa im schon erwähnten Roman) nicht eingegangen werden kann. Was - läßt man sich auf die Ereignisse ein - allerdings nicht weiter unangenehm auffällt.

Schon mit den ersten Sätzen erzeugt Finney eine unnachahmliche Stimmung, die den Leser tiefer und tiefer in die Geschichte hinein zieht und mitfiebern läßt, ob den beiden irgendeine Art gemeinsames Glück gegönnt ist.

In überzeugender Folgerichtigkeit entwickelt Finney die Handlung und auch, wenn für Figurenschilderungen und -aufbau nicht viel Platz war, hatte ich doch alles sehr lebhaft vor Augen. Was auch daran liegen mochte, daß ich kurz zuvor die Verfilmung (siehe dort) gesehen und darob recht genaue Vorstellungen hatte.

Nach (bei mir) acht Seiten war alles ausgelesen, und das Schicksal von Jake und Helen entschieden. So wenig ich eigentlich Kurzgeschichten mag, so sehr gefiel mir diese. Und ich bin mir absolut sicher: I will never forget.


Mein Fazit

Eine melancholische Liebesgeschichte, verloren in Raum und Zeit.

 

 

Über den Autor

Jack Finney wurde 1911 in den USA geboren und begann seine Schriftstellerkarriere mit 35. Er ließ sich nie auf ein Genre festlegen und schrieb sowohl Science-Fiction Romane als auch Krimis und allgemeine belletristische Werke. Sein bekanntester Roman dürfte „The Body Snatchers“ sein, der als „Die Körperfresser kommen“ mehrfach verfilmt wurde. Im Laufe seines Lebens erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. auch für „Von Zeit zu Zeit“ sowie „Im Strom der Zeit“. Er starb 1995 in Kaliformien.

 

Bibliographische Angaben und sinngemäße Übersetzung

Erschienen: The Saturday Evening Post, August 1, 1959
Der Text der Kurzgeschichte ist hier im Webarchiv zu finden (in englischer Sprache)

Sinngemäße Übersetzung:
* = Die Nacht ist eine seltsame Zeit; die Dinge sind anders in der Nacht, wie jeder Mensch irgendwo tief drinnen weiß.