Cover: Ist die Bibel richtig übersetzt?

 

Zum Inhalt

Entscheidend für unser Verständnis der Bibel ist ihre Übersetzung ins Deutsche. Diese weist aus der Sicht des jüdischen Religionsphilosophen Pinchas Lapide folgenreiche Fehler und Mißverständnisse auf, die er durch einen Vergleich mit der Originalsprache belegt. Sein Blickwinkel eröffnet interessante Neu- und Andersdeutungen für diesen zentralen Text der jüdischen und christlichen Kultur.

 

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Was schreibe ich über ein Buch, das ich am liebsten in voller Länge hier zitieren möchte, weil man eigentlich nichts davon auslassen sollte? Das beschreibt in etwa die Problematik vor der ich jetzt stehe. Und deutet meinen einzigen wirklichen Kritikpunkt (der aber vermutlich eher ein Lob für den Autor ist) an: das Buch quillt über vor Informationen und Wissen, so daß ich mich bisweilen von der Fülle des Dargebotenen erschlagen gefühlt habe. Ein Buch, das man als „interessierter Laie“ sicherlich mehr als ein Mal lesen muß, um es vollständig zu erfassen.

Gleich auf Seite 14 führt er eines der Hauptprobleme an: zu Beginn wurden Heilige Texte mündlich überliefert. Altes wie Neues Testament wurden ursprünglich „in der Glut der unmittelbaren Gotteserfahrung stammelnd erzählt“, das ganze in einem Umfeld fantasiereicher Orientalen für ihresgleichen. Von ergriffenen Gottesfürchtigen für Menschen mit Ehrfurcht. Erst viel später wurden diese Texte „von abendländischen Theologen kalt gelesen, zerebral ausgelegt und wissenschaftlich entmythologisiert. Dieser drastische Klimawechsel konnte nicht umhin, zu wesentlichen Umdeutungen, Mißverständnissen und Sinnverzerrungen zu führen, die weder dem Geist noch dem Wortlaut der Schrift gerecht werden, so wie sie von den ursprünglichen Autoren und ihren Hörern empfunden werden mußte.“

Damit ist das Grundanliegen dieses Buches deutlich geworden: Lapide sucht hinter den uns geläufigen Texten nach der Fassung, wie sie wohl ursprünglich gewesen war. Bereinigt von Übersetzungs- und Abschreibfehlern. Dabei geht er davon aus, daß der ursprüngliche Text auch des Neuen Testamentes hebräisch (bzw. aramäisch) war, auch wenn es auf griechisch niedergeschrieben wurde. Er belegt dies, in dem er zahlreiche, bisweilen seltsam anmutende, Stellen ins hebräische „zurückübersetzt“, dabei die Streitfälle angibt und so zum vermutlichen „Urtext“ vordringt. Im Hebräischen werden nur die Konsonanten aufgeschrieben, nicht die Vokale. Bisweilen ergibt jedoch ein einziger veränderter Vokal im hebräischen einen ganz anderen Sinn, oder ein Wort hat im hebräischen mehrere Bedeutungen und ist nur aus dem Kontext heraus verständlich. Lapide bringt zahlreiche Beispiele für solche Fälle und erklärt, was vermutlich (als ursprünglich gesprochenes Wort) zu Beginn dahinter gestanden hat bzw. wie die Umwelt Jesu es verstanden hat.

Ein Problem tritt natürlich auf, das ich der Vollständigkeit halber erwähnen will: Pinchas Lapide gibt immer wieder hebräische und aramäische „Rückübersetzungen“ an. Ich selbst kann diese Sprachen nicht, genauso wenig wie griechisch. Ich bin also darauf angewiesen, mich darauf zu verlassen, daß er diese mir unbekannten Sprachen korrekt wiedergibt. Wenn man an die Schwierigkeit der Bibelübersetzungen denkt, gehe ich davon aus, daß man manches durchaus auch anders sehen kann. Allerdings habe ich die Argumentationskette Lapides als in sich folgerichtig und schlüssig empfunden. Es entstand ein Bild (vom Alten wie vom Neuen Testament), das mir wesentlich sympathischer ist als das, was ich bisher „offiziell“ hatte. Wenn ich beispielsweise weiß, daß „hassen“ damals nicht die Bedeutung hatte, die wir dem Wort beimessen, sondern einfach „weniger lieben“ oder “geringer schätzen“ heißt, gewinnt eine Stelle wie Lk 14,26 eine ganz andere Bedeutung: „Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein.“ (Zitiert nach der rev. Lutherübersetzung von 1984, Dt. Bibelgesellschaft 1985. In meiner „Einheitsübersetzung“ steht der Begriff „gering achtet“.)

Das Buch selbst ist gut und verständlich geschrieben und von einem großen Willen zur Verständigung zwischen Juden und Christen durchdrungen. Ich kann es jedem, der sich ernsthaft mit der Bibel auseinandersetzen will, nur empfehlen.

 

Mein Fazit

In verständlicher Sprache mit unzähligen Beispielen der Versuch, sich dem eigentlichen Urtext, der wirklichen Bedeutung der Bibeltexte zu nähern. Ein in meinen Augen sehr gelungener und erfolgreicher Versuch.

 

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Bibliographische Angaben

240 Seiten, gebunden, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2004

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