Es gibt Zeiten, da scheint Gott einen kosmischen Schalter umzulegen, der die Weichen unserer Gleise verstellt und unser Leben Hals über Kopf in neue, ungewisse Bahnen lenkt. In diesen Zeiten sind nur zwei Dinge sicher: Es ist das Beste, wenn wir nicht wissen, was vor uns liegt, und - es gibt kein Zurück. Paul Cooks Tagebuch (S. 16)
Zum Inhalt
Eine Woche vor der Hochzeit wird Christine von ihrem Verlobten verlassen. Für sie bricht eine Welt zusammen. Um sie aufzumuntern, meldet ihre beste Freundin Jessica sich mit ihr zusammen als Freiwillige für eine Hilfsaktion in einem peruanischen Waisenhaus an. Als Christine dort dem charismatischen Paul begegnet, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen. Erst als sie im Dschungel aufeinander angewiesen sind, spürt sie, daß seine Welt mehr Geheimnisse und Gefahren birgt, als sie zuerst geglaubt hat.
Dies ist die Geschichte von Christine und Paul.
Kommentar / Meine Meinung
Nun, eigentlich hätte Christine wissen können, daß aus ihrer Hochzeit mit Martin nichts werden wird. Musik aus dem Film mit Jane Seymour und Christopher Reeve (S. 42; "Somewhere In Time"). Der Film hatte zwar eine Art Happy End für die beiden, aber nicht in dieser Welt, nicht in dieser Zeit. Aber hier geht es nicht um eine ferne Zeit, gar einen Zustand außerhalb der Zeit, sondern um eine Geschichte, die in dieser unserer Zeit spielt. Und irgendwie muß der Stein, der die Lawine auslösen wird, ja ins Rollen kommen. Warum also nicht durch eine geplatzte Hochzeit?
Christine wird schließlich aus ihrer Lethargie gerissen, indem ihre Freundin Jessica eine Reise nach Peru für die beiden bucht, jedoch nicht als reine Touristenreise, sondern als Hilfsprojekt für ein Waisenhaus und eine Grundschule dort.
So sehr ich geplant habe, um das Gegenteil zu erreichen, so waren doch die zentralen Erfahrungen meines Lebens allesamt unglückliche Zufälle. (Paul Cooks Tagebuch, Buch S. 86.)
Aber kann man das Zusammentreffen der beiden einen „unglücklichen Zufall“ nennen? Eher nicht; außerdem hätte es sonst diese Geschichte nicht gegeben. Es kommt zur Annäherung dieser so verschiedenen, vielleicht aber eher so ähnlichen Menschen. Für beide überraschend, für beide ungewollt. Doch welches Schicksal fragt schon danach.
Wie es sich für eine Geschichte gehört, passiert in der Folge so einiges. Alltägliches wie nicht Alltägliches. Manche Stellen hätte ich mir etwas ausführlicher gewünscht, etwa den Absturz in den Bergen. Das ging relativ glatt; andererseits, hätte eine längere, vielleicht dadurch realistischerere, Beschreibung für den Fortgang der Handlung nichts gebracht. Ein kleines Steinchen im Mosaik, aber der Gesamteindruck wird für mich nicht beeinträchtigt.
Richard Paul Evans kommt es jedoch nie alleine darauf an, bloß eine Geschichte zu erzählen. Obwohl er das wahrlich meisterhaft kann. Ihm liegt es auch immer am Herzen, eine Botschaft, eine Vision einer besseren Welt, eines besseren Miteinanders, zu vermitteln. Eine Konstante, die ich in allen fünf Büchern fand, die ich bisher von ihm gelesen habe. „Liebe ist stärker als Schmerz“, heißt es einmal im Buch. Opferbereitschaft und Glaube (ganz allgemein gemeint), vor allem aber Hoffnung sind die Grundthemen dieses Buches.
Es zählt vielleicht nicht zu dem, was man „hohe Literatur“ nennt, aber seine Worte dringen durch, vermögen Menschen zu treffen, zu bewegen, vielleicht sogar zu beeinflussen in Richtung besseren, menschlicheren Zusammenlebens.
Übrigens läßt er seinen Worten auch Taten folgen, was ihn für mich so glaubwürdig macht. Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt Evans den „Washington Times Humanitarian of the Century Award“. Über seine Tätigkeit für die „Christmas Box House International“, einer Stiftung, die sich um mißbrauchte und verlassene Kinder kümmert, kann man auf seiner Homepage einiges finden. Desgleichen über sein Engagenemt für ein Waisenhaus in Peru mit Namen „The Sunflower“ (das ist auch der englische Originaltitel dieses Buches).
Wir tragen in unseren Köpfen die Bilder davon, wie unser Leben aussehen sollte, gemalt vom Pinsel unserer Ziele. Es ist das große, tiefe Geheimnis der Menschheit, daß am Ende kein Menschenleben so aussieht, wie wir es uns vorgestellt hatten. So gern wir das Gegenteil glauben würden, der größte Teil des Lebens ist eine Reaktion auf Zufälle. (Paul Cooks Tagebuch, Buch S. 291)
Vielleicht ist dieses Buch Teil eines solchen Zufalls.
Mein Fazit
Eine Geschichte über Glaube, Tatkraft, Opferbereitschaft. Vor allem aber über die Hoffnung. Wunderschön erzählt vor der Kulisse Perus.
Bibliographische Angaben
Aus dem Amerikanischen von Michaela Link
350 Seiten, kartoniert, Bastei Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2009
Ursprünglich geschrieben am 08. März 2009