Wer nur das Wirkliche gelten läßt, an der Sehnsucht nach dem Unmöglichen keine Freude findet und nie eine Minute übrig hat, um sie an einen schönen Traum zu verschwenden - wie arm ist ein solcher Mensch in seiner Seele!

 

Cover: Das Schweigen im WaldeZum Inhalt

„Das Schweigen im Walde“ ist der Titel eines Bildes von Arnold Böcklin, das den jungen Fürst Heinrich tief beeindruckt. Die Ruhe und Ausgeglichenheit, die es ausstrahlt, ersehnt er für sich. Nach einer schlechten Erfahrung mit einer Baronin, die es auf sein Geld abgesehen hatte, war er lange krank, ist drei Monate durch Südeuropa gereist und nun in seinem neuen Jagdhaus in den Alpen angekommen, wo er sich erholen will. Bei seinem ersten Ausflug in den Wald ersteht eben dieses Bild plötzlich vor seinen Augen, als ein ihm unbekanntes Mädchen auf einem Maultier an ihm vorbeireitet. Lo Petri ist ihr Name, Tochter eines vor einem Jahr verstorbenen Malers; er wird sie wieder treffen. Während sich so langsam zarte Bande andeuten und anknüpfen, verfällt der Mazegger, der ein Auge auf Fräulein Lo geworfen hat, zusehends der rasenden Eifersucht. Der Praxmaler-Pepperl hat da ganz andere Sorgen, muß er doch, natürlich nur wegen der Ehr’ der Gegend, auf die Burgl, die Sennerin, ein Auge haben. Die Baronin Pranckha schließlich gibt sich nicht so leicht geschlagen, hat einen Spitzel beim Fürsten und will diesen (bzw. sein Geld) für sich sichern. Im Laufe des Sommers entsteht so eine gefährliche Gemengelage, die droht, sich in einer Katastrophe zu entladen.

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Das Schweigen im Walde ist ein Bild von Arnold Böcklin, das den Fürsten Ettingen-Bernegg seltsam stark anspricht; öfters schon hat er vergeblich versucht, es zu kaufen. Wie ist er erstaunt, als plötzlich dieses Bild lebendig und real vor ihm ersteht.

Durchlaucht haben die Nase gestrichen voll von der Welt im allgemeinen und einer Frau im besonderen. Nach langer Krankheit hat er sich in das Jagdhaus seiner neu gepachteten Jagd zurückgezogen, um ganz zu genesen. Sein Freund, Graf Sternfeldt, hat alles aufs Trefflichste für Durchlaucht gerichtet, als er schließlich dort mit unstandesgemäß kleinem Gepäck, wie sein Lakei Martin findet, in noch unstandesgemäßere Räume zieht. Sehr schnell ist klar, das der Lakei mit dieser Wahl von Durchlaucht gar nicht einverstanden ist und in Kontakt mit der Baronin Pranckha steht; eben jener Frau, die der Fürst aus gutem Grund vergessen will.

Während Fürst Ettingen von diesem Spiel hinter seinem Rücken nichts bemerkt, tut ihm die Bergluft, das einfache Leben im Gebirge, mehr als gut; er erholt sich zusehends. Als er bei seinem ersten Ausflug in den Wald dem Fräulein Lo begegnet, beginnt in seinem Leben, das so lange in der Dunkelheit verlief, die Sonne aufzugehen.

Da es ein Heimatroman ist, braucht man sich um das Ende keine allzu großen Gedanken zu machen, was natürlich nicht davon abhält, daß es zwischendurch hochdramatisch wird. Denn hier ist alles beisammen, was einen richtigen Heimatroman ausmacht: schneidige Burschen, fesche Madeln, sauberne Jager, und auch der eine oder andere Bösewicht. Von der malerischen Landschaft der Berge ganz zu schweigen. Und doch wird, zumindest habe ich das so empfunden, das Klischee immer wieder durchbrochen, indem man etwa auch vom Bösewicht die Vorgeschichte erzählt bekommt und fast schon Mitleid mit diesem Menschen, mit dem es das Schicksal gar nicht gut meinte, haben könnte. Oder wenn so quasi nebenbei vom harten Leben gegen Ende des 19. Jahrhunderts erzählt wird. Von den einfachen Verhältnissen, bis dahin, daß viele nur das besaßen, was sie auf dem Leib trugen. Auch wenn sie im Dienste eines (guten und geläuterten) Fürsten standen.

Stilistisch hat mich das Buch ins letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts entführt. Teilweise wunderbar altmodisch, teilweise umständlich, ist die Sprache, was manche vermutlich abschreckt, ich hingegen als überaus erholsam und passend empfunden habe, da es zum Überwinden der „Zeitschranke“ beitrug und die vergangene Zeit in all ihrem Kolorit lebendig werden ließ. Die Einheimischen sprechen Dialekt, will sagen diese Stellen sind auch im Dialekt geschrieben. Bis hin zu den Gästen aus Wien, die Wienerisch sprechen. Sehr gut gefallen haben mir die vielen Beschreibungen; seien es die Landschaft, seien es die Bilder. Witzig die Stellen, in denen der Förster Kluibenschädl über seine, äh, Literatur sinniert, sie wütend in die Schublade befördert und daran denkt vom Buchhändler in Innsbruck sein Geld zurück zu fordern. Denn daß der gute Hund stirbt, das geht ja wohl gleich gar nicht. Für sowas gibt der Förster kein Geld nicht aus.

Alles in allem ergibt sich ein etwas gemächlicheres (Erzähl-) Tempo, was das „Feeling“ einer Zeit vor Erfindung von Telefon oder gar Handy, Radio, Fernsehen, vom Internet ganz zu schweigen, gut wiedergibt. Was aber nicht heißt, daß das Tempo auf den letzten rund sechzig Seiten, als es dann wirklich hochdramatisch ins Finale geht, gewaltig anzieht; eben so, wie es der Handlung angemessen ist. Und ja, es mag an manchen Stellen durchaus kitschig sein. Aber was solls - hach, schön wars.

Ich habe es das ganze Buch hindurch bedauert, so sehr lange nichts mehr aus dem 19. Jahrhundert gelesen zu haben. Es strahlt eine Ruhe und ein Frieden heraus, der heute kaum mehr zu finden ist. Da stört mich weder das eine oder andere Klischee noch, daß manche Figuren eher schwarz-weiß gezeichnet sind. Obwohl das so auch wieder nicht stimmt; bei genauerem Hinsehen hat (fast) jeder seinen schwarzen Fleck auf der weißen Weste, gibt es, wenn auch erst auf den zweiten Blick, den ein oder anderen Grauton, hat eine Läuterung hinter sich, selbst wenn das zeitlich vor den Ereignissen des Buches war.

Am Ende, wenn alle Stürme überstanden sind, sich wieder Stille übers Land senkt, steht der Wald, trotz allem, noch immer. Und wer weiß, vielleicht findet sich dort noch immer ein Glück, das lächelnd im Schweigen des Waldes blüht, menschenfern und weltvergessen. Das Schweigen im Walde.

 

Kurzfassung

Langsam sich steigernd zum hochdramatischen Finale erfahren wie die Geschichte des Fürsten Ettingen, der Malerstochter Lo und all der anderen Gestalten im Jagdhaus. Mal zünftig, mal beschaulich, mal forsch voran.

Tod? Das ist nur ein Wort, nur das letzte Lächeln eines guten Menschen, der mit seinem Leben zufrieden war.

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