Cover: Der letzte Harem

 

Zum Inhalt

Konstantinopel 1909. An den Ufern des Bosporus, wo Europa und Asien verschmelzen, herrscht Sultan Abdülhamid II. - das letzte Rätsel des Orients. In der verborgenen Welt seines Harems träumen Elisa und Fatima von ihrer Zukunft. Während die eine alles daransetzt, zur Favoritin aufzusteigen, sehnt die andere sich nach Liebe und Freiheit. Dann aber zerfällt das Osmanische Reich, und die Freundinnen geraten in eine Welt, in der ihre Träume zu Alpträumen werden und den letzten Halt zu zerstören drohen, der ihnen geblieben ist: ihre Freundschaft.

 

Kommentar / Meine Meinung

Ich habe schon immer gerne die „Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht“ gelesen. Peter Prange hat es geschafft, mich nun leicht irritiert zurückzulassen. Denn er hat eine Welt gezeigt, die so ganz anders ist, als ich sie mir vorgestellt habe. Da ist nichts mehr übrig von prächtigen Palästen, aufregenden Abenteuern, Erzählungen am Lagerfeuer oder im Zelt in der Wüste. Es gibt zwar einen prächtigen Palast, aber ich habe ihn eher als Gefängnis empfunden. Es gibt aufregende Abenteuer, wenn man die Reibereien, Intrigen und Rivalitäten innerhalb der „Palastgemeinschaft“ so bezeichnen will, und bisweilen klingen auch noch einige Erzählungen an.

Aber kann ein Buch, das den Untergang eines Reiches, vielleicht einer Epoche zum Thema hat, irgendwelchen Erwartungen entsprechen? Nein, eigentlich nicht. Denn in solchen Situationen tritt wohl in der Regel das Unerwartete ein. Und so habe ich im Verlauf des Buches einen recht guten Einblick in den - wie der Titel besagt - letzten Harem des letzten Sultans des Osmanischen Reiches erhalten, konnte etliche Fehlvorstellungen korrigieren und kann mir manches nun besser vorstellen.
Das Schlagwort vom „Völkermord an den Armeniern“ hat sich mit - erschreckendem - Leben erfüllt, und ich frage mich, wie es sein, kann, daß für solche Grausamkeit niemand so recht zur Verantwortung gezogen wird. Das Osmanische Reich - auch dieser Begriff ist nach der Lektüre dieses Buches mehr als nur ein Schlagwort.

Und ich habe gelernt, daß Politik damals nach dem gleichen Schema ablief wie heute immer noch. Daß sich vielleicht die handelnden Personen und deren Amtsbezeichnungen ändern, die Sache an sich jedoch nicht. “Glauben Sie mir, wir tun, was wir können, aber ich fürchte, wir müssen uns in Unabänderliche fügen.“, sagt auf Seite 446 Konsul Scheubner zu den Deportationen und Ermordungen der Armenier. Das gleiche könnte man heutzutage über viel zu vieles, was in der Welt schief läuft, sagen.

Was bleibt?

Eine gut erzählte und sehr lesenswerte Geschichte über Menschen, ihre Schicksale und Verwicklungen, ihre Beziehungen zueinander. Eingebettet in einen stürmischen Übergang von einer Epoche zur nächsten. Eine Geschichte voll von schönen, aber auch unsagbar grausamen Momenten, voll Leid, Schmerz, aber auch von Liebe und Hoffnung. Eine Geschichte, die die schlimmsten Grausamkeiten mit zum Inhalt hat, diese aber in einer Sprache erzählt, welche zwar das Schreckliche deutlich bezeichnet, aber den Opfern die Würde läßt.

Peter Prange schrieb über dieses Buch: "Ich meine, eine Geschichte muss genauso zu Ende gelebt werden wie das Leben selbst. Egal, wie die Verhältnisse sind." Besser kann man das Buch nicht charakterisieren. Es ist wie das Leben selbst; die Geschichte ist am Ende zu Ende und doch nicht zu Ende, so wie das Leben jeden Tag neu beginnt und doch vom vorherigen abhängig und bestimmt ist.

 

Mein Fazit

Ein sehr lesenswerter historischer Roman über den Untergang des Osmanischen Reiches; darin hinein verwoben die Geschicke der Protagonisten, die uns das Geschehen nahe bringen und verständlich machen. Und ein fast schon wehmütig zu nennender Ausblick darauf, wie es sein könnte, wenn Menschen sich - unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Nationalität - vertragen und friedlich zusammen leben würden.
Aber das bleibt wohl für alle Zeit eine „Erzählung aus Tausendundeiner Nacht.“

 

Bibliographische Angaben

574 Seiten, kartoniert, Knaur Taschenbuchverlag, München 2008

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