Jedes Mal, wenn eine Lücke entsteht, wird sie von irgendetwas ausgefüllt, das dich anders macht, als du vorher warst. (Seite 281)

Cover: Über uns der HimmelZum Inhalt

Abends wollte Patrick mit seiner Frau Kate ausgehen und ihr etwas wichtiges sagen. Aber dazu kam es nicht mehr. Denn es war der 11. September 2001.
Dreizehn Jahre später ist Kate zwar eine neue Beziehung eingegangen, aber den Tod ihres Mannes hat sie noch immer nicht endgültig überwunden. Plötzlich beginnen seltsam reale Träume über das Leben, das sie mit Patrick hätte haben können, wäre er nicht in den Trümmern der Twin Towers umgekommen. Damit wird ihr ganzes Leben in den Grundfesten erschüttert und sie muß sich der Vergangenheit wie der Gegenwart stellen.

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Es gibt, außerhalb des persönlichen Lebens, Tage, an die man sich auch Jahre später noch erinnert. Viele Menschen etwa können sich entsinnen, was sie am Todestag von Elvis gemacht haben oder wo sie waren, als sie die Nachricht erreichte. Ein anderer solcher Tag ist der 11. September 2001. Ich entsinne mich genau, als mich Nachmittags meine Mutter ganz aufgeregt anrief, ich sollte unbedingt sofort den Fernseher einschalten. Die Bilder der nächsten Stunden habe ich nie mehr vergessen wie auch den Schrecken, der mir in die Glieder fuhr, als die Wolkenkratzer in sich zusammen stürzten. Es wurde der Toten gedacht, es wurde an die Angehörigen erinnert - und irgendwann konnte man es nicht mehr hören. Oder es gab nichts mehr zu hören, weil die Ereignisse aus den Blickfeld verschwunden waren.

Aber nicht für die Betroffenen.

Als Patrick Waithman morgens aus dem Haus geht, verabredet er mit seiner Frau Kate, daß sie abends Essen gehen. Er wolle ihr etwas Wichtiges mitteilen. Es ist der 11. September 2001. Sein Arbeitsplatz ist im Nordturm des World Trade Center. Genau da, wo um 8.46 Uhr das erste Flugzeug in das Hochhaus krachte...

Dreizehn Jahre später ist Kate als Musiktherapeutin tätig, hat sie eine feste Beziehung, ihr Leben scheint wieder normal zu sein - aber noch immer lasten die Schatten jener unheilvollen Vergangenheit auf ihr und bestimmen bewußt wie unbewußt ihr Leben. Als sie auf einmal realistische Träume darüber, wie es ohne die Ereignisse des 11. September hätte sein können, bekommt, beginnt ihr Leben aus den Fugen zu geraten. Realität und Traum vermischen und beeinflussen sich zusehends gegenseitig und bald steht mehr nur auf dem Spiel als nur die Frage, ob sie langsam den Verstand verliert.

„Was wäre wenn...“ ist nur eines der Themen, die in diesem Buch eine Rolle spielen. Viel wichtiger ist die Frage, wie solche traumatischen Ereignisse auf die Überlebenen, genauer die Hinterbliebenen wirken, wie sie damit umgehen, und ob ein normales Leben überhaupt wieder möglich ist. Es geht also allgemein um die Verarbeitung von Schicksalsschlägen und letztlich darum, welches Leben man führen will. Ob das Leben, das man führt, das ist, was man quasi „führen läßt“ - oder das, was man führen will. Aber dazu muß man wissen, was das eigentlich für ein Leben ist, das man führen möchte.

Es sind diese Grundfragen, die die Autorin in ihrem Roman verarbeitet hat. Es geht darum, „(...) nach vorn (zu) blicken, auf die Dinge, die du willst, nicht zurück auf die, die du einmal hattest.“ (Seite 307) Dazu reichert sie eine in der Gegenwart angesiedelte Geschichte mit einigen Fantasy-Elementen an, wobei „Fantasy“ ein nicht ganz zutreffender Ausdruck ist. Die Träume, die Kate von dem nicht gelebten Leben hat, erweisen sich als für sie als so real, daß sie ihr Denken und Handeln zu beeinflussen beginnen. Nicht nur ihre Umgebung stellt sich die Frage, ob sie beginnt, den Verstand zu verlieren.

Es sind aber eben diese Träume, die sie ihr Leben überdenken lassen, die sie veranlassen, verschiedenes zu überdenken, altes zu beenden und neues zu beginnen. Auch wenn das auf den ersten Blick völlig absurd erscheint. Vielleicht soll das Leben einfach kein Spaziergang sein. (S. 178) Kate beendet den „Spaziergangmodus“ und begibt sich auf den steinigen Weg dessen, was die Alternative ist. Etwas, was vielleicht auch wir im ganz realen Leben, ohne „Fantasyträume“, manchmal in Betracht ziehen sollten.

Denn am Ende geht es nicht darum, ob der „Spaziergang Leben“ leicht und ohne Hindernisse war, sondern ob wir rückblickend mit unserem Leben zufrieden sind und ruhig gehen können. Ob wir Ziele hatten und diese (wenigstens teilweise) erreicht haben. Ob wir das Leben gelebt haben, das wir leben wollten.

 

Kurzfassung

Dieser Roman über Liebe, Verlust und das, was „Leben“ ausmacht, hat mir sehr gut gefallen.

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Über die Autorin

Kristin Harmel wurde in Newton/MA geboren und hat in Florida Journalistik und Kommunikation studiert. Sie war einige Jahre für das „Peopke“-Magazin tätig und ist inzwischen hauptberuflich Autorin. Mit ihrem Mann lebt sie in Orlando/Fla.

Bibliographische Angaben

448 Seiten, Klappenbroschur. Originaltitel: The Life Intended. Aus dem Amerikanischen von Veronika Dünninger. Verlag: Blanvalet Verlag, München 2015