Wer Entscheidungen fällt, muss bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. (Seite 67)

Cover: Unsere kurze EwigkeitZum Inhalt

Als Friedrich Alfed Krupp und Margarethe von Ende im Jahre 1882 heirateten, war das zwar eine Liebesheirat, aber bis zur gesellschaftlichen Anerkennung dauerte es noch. Vor allem Margarethe wurde stark gefordert, mußte sie doch oft für ihren Mann, der unter einer schwachen Gesundheit litt, einspringen und in Familie wie Firma nach dem Rechten sehen. Doch sie nahm die Herausforderung an und wurde zu einer hochgeachteten Person, die viel Gutes für die Menschen erreichte. Doch der Weg dahin war alles andere als einfach.

 

 

 

 

Meine Meinung

Nachdem ich eine Weile überlegt habe, wie ich denn meine Rezension zu diesem Buch beginnen soll und mir so gar nichts einfiel, fing ich an, im Buch zu blättern. Und bin an einem Satz hängengeblieben: „Wir können nicht allen helfen, und wenn wir helfen, müssen wir schauen, dass die Hilfe bei denjenigen ankommt, die auch in der Lage sind, sie anzunehmen.“ (S. 356) Im Buch fiel er in einer Szene im Jahr 1903. Aber wenn man darüber nachdenkt, könnte er auch im Jahr 2024 mit fast noch größerer Berechtigung gesagt werden. Vielleicht ist dies ein (oder der) Schlüssel dazu, weshalb mir dieses Buch so ungemein gut gefallen hat. Weil vieles, was in diesem Roman auftaucht, zeitlos ist und für unsere geschichtsvergessene Zeit ein Vorbild sein könnte.

Natürlich stehen hier privilegierte Menschen im Vordergrund, kein Zweifel. Sei es der Adel, aus dem Margarethe kommt, sei es der „Geldadel“ der Krupps. Aber am Ende kommt es darauf an, wie man damit umgeht, was man daraus macht und inwieweit man selbst sich korrumpieren läßt - oder nicht. Und genau in dieser Hinsicht könnte Margarethe Krupp für die heutige Zeit ein gutes Beispiel geben: indem sie neben ihren Verpflichtungen und privaten Interessen sehr viel für arme und benachteiligte Menschen getan hat unter dem Gesichtspunkt, daß ihre Hilfe bei den Betroffenen auch wirklich ankommt. Was bedeutet, daß das Prinzip „Gießkanne“ eher kontraproduktiv ist.

Bis zu diesem Buch habe ich mit „Krupp“ eigentlich nur Stahlwerke verbunden, ohne daß ich mich je näher dafür interessiert hätte. Über die Geschichte der Krupp-Werke weiß ich nun auch nach der Lektüre dieses Buches nicht allzuviel, aber das war auch nicht zu erwarten, handelt es sich doch eben nicht um eine Wirtschaftsgeschichte, sondern um den „Roman einer Ehe“. Und genau dieses bietet die Autorin und zwar so gut, daß ich daß Gefühl habe, selbst als Zeuge der Ereignisse dabei gewesen zu sein.

Wie erwähnt, verband ich zu Lesebeginn weder den Krupp-Werken noch der dahinter stehenden Familie mehr als eben den Begriff „Krupp“. Von den Krupp-Werken ist im Roman eher wenig zu lesen, die sind auch nicht Gegenstand der Handlung, aber die Familie Krupp hat die Autorin zum Leben erweckt. „Ich wollte die Personen als leibhaftige Menschen mit Stärken und Schwächen darstellen (…)“, schreibt die Autorin im Nachwort. Und genau dies ist ihr auf erstaunlich gute, eigentlich vollkommene Weise gelungen. Aus Namen und trockenen Zahlen werden Menschen aus Fleisch und Blut, die ihr Leben mit Höhen und Tiefen leben müssen - und meist auch wollen.

Zugute kommen der Autorin ihre Kenntnisse und Erfahrungen als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, wodurch man als Leser auch einen Einblick in die „Seelenwelt“ der Figuren und die tieferen menschlichen Hintergründe bekommt. Das erinnerte mich manchmal an die völlig anderen Bücher von Don Coldsmith, wenn es dort um Krankheiten oder gar Tod ging: auch diese wurden von einem Arzt geschrieben, der sein Fachwissen an geeigneter Stelle hat einfließen lassen. Jedenfalls hatte ich nicht in zu vielen Büchern das Gefühl, auch die seelischen und psychischen Hintergründe des Denkens und Handelns der Figuren so gut zu verstehen und nachvollziehen zu können wie hier.

Ganz besonders erwähnen, weil das heute leider nicht mehr selbstverständlich ist, will ich das wunderschön geschriebene, geschliffene Deutsch, in dem das Buch verfaßt ist. Die ausgefeilte Sprache macht Lust auf Lesen und das Buch alleine schon deswegen überaus lesenswert.

Das war mein erstes Buch dieser Autorin, aber es hat mir dermaßen gut gefallen, daß ich, obwohl die eher außerhalb meiner üblichen Leseinteressen liegen, weitere Romane von ihr lesen werde. Ich habe eine neue Autorin für mich entdeckt, wünsche ihrem Buch eine große Verbreitung und freue mich auf etliche (für mich) neue Bücher.

 

Mein Fazit

Ein herausragender Roman über Friedrich Alfred und Margarethe Krupp, ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Ehe. Sehr lesenswert.

 

Über die Autorin (Verlagsangabe)

Melanie Metzenthin wurde 1969 in Hamburg geboren, wo sie auch heute noch lebt. Als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie hat sie einen ganz besonderen Einblick in die Psyche ihrer Patienten, zu denen sowohl Traumatisierte als auch Straftäter gehören. Bei der Entwicklung der Figuren ihrer historischen Romane greift sie auf ihre beruflichen Erfahrungen zurück.

Bibliographische Angaben

416 Seiten, Klappenbroschur
Verlag: Piper Verlag GmbH, München 2024; ISBN 978-3-492-06397-5

 

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