Die Beute und ihre Verteilung bildeten also die konstitutiven Elemente für die Gruppe der Konquistadoren, die nämlich in der Regel jenem folgten, dem sie die Beutehoheit zusprachen, das heißt jenem, dem sie zutrauten, sie für ihre Dienste belohnen zu können. (Seite 39)
Zum Inhalt
Als Folge der Entdeckung Amerikas 1492 durch Christoph Columbus kamen zahlreiche Konquistadoren (Eroberer) ins Land, die in relativ kurzer Zeit Süd-, Mittel- und Teile von Nordamerika eroberten. Im Auftrag der Spanischen Krone, aber auf eigene Rechnung.
Wie konnte es geschehen, daß relativ kleine Kontingente so rasch so große Landgebiete erobern und dabei Reiche wie das der Azteken oder der Maja vernichten konnten?
Der Autor gibt kurz und prägnant einen Überblick über diese Zeit der „Conquista“, wer diese Männer waren, wie sie lebten, und weshalb sie solchen Erfolg hatten.
Meine Meinung
Der kürzlich gelesene Roman „Soul of the Sacred Earth“ von Vella Munn war der erste, in dem mir spanische Konquistadoren (auch wenn der Roman genau genommen einige Jahre nach dem offiziellen Ende der Conquista angesiedelt ist) als tragender Teil der Handlung begegnet sind. (In Don Coldsmiths „Spanish Bit Saga“ spielen sie nur eine untergeordnete Nebenrolle.) Hieraus erwuchs das Bedürfnis, mehr über jene Menschen und ihre Motivation zu erfahren. Dieses Büchlein aus der Reihe „Beck Wissen“ schien mir ein guter Einstieg ins Thema zu sein - und wie schon des Öfteren mit Titeln der Reihe, hat es sich als gute Wahl erwiesen.
Von den Eroberungen der Spanier in der „Neuen Welt“ wußte ich bisher nicht viel, sieht man einmal von den Geschehnissen in „Soul of the Sacred Earth“ ab. Vitus Huber bestätigt im Großen und Ganzen das, was ich dort zu der Epoche gelesen habe. Besonders interessant fand ich seinen Versuch, ein möglichst neutrales Bild der Zeit und der Ereignisse - soweit das möglich ist - zu entwerfen. Denn die Geschichte schreibt der Sieger (in dem Fall die Spanier), und die indigenen Völker haben keine schriftlich Überlieferung. Vieles, was an handfesten Zeugnissen einst vorhanden war, wurde durch christliche Missionare als „Teufelswerk“ vernichtet. Kein leichtes Unterfangen für den Autor, die Quellen von den Zugaben, Verschönerungen und Schmeicheleien zu befreien, um ein möglichst wahrhaftiges Bild einer „chaotischen Epoche“ (Buchrücken) zu zeichnen.
Das ist ihm für meine Begriffe sehr gut gelungen. Er hat manches Vorurteil („ein paar wenige Spanier haben das gewaltige Aztekenreich zum Einsturz gebracht“) berichtigt und manches gerade gerückt („Etwas überspitzt könnte man sagen, Cortés und sein Gefolge haben die Eroberung Mexikos als solche erfunden.“, vgl. S. 99). Es war schon zu jener Zeit das Problem der indigenen Stämme, daß sie untereinander uneins waren. So haben sie die Spanier nicht als Eindringlinge, sondern als neue Verbündete gegen alte Feinde betrachtet und mit ihnen gemeinsame Sache gemacht. In den Berichten an die Krone ist davon natürlich kaum die Rede, würde das doch den Ruhm der Konquistadoren schmälern. Doch ohne diese Allianzen wäre die Geschichte völlig anders verlaufen.
Vitus erzählt auch vom Leben der Konquistadoren, ihren Motivationen, ihrem Verhältnis zum Staat und auch zur Kirche, die ihren gehörigen Anteil an der Conquista hatte. Manches mag für uns Heutige unverständlich oder zumindest nur schwer nachvollziehbar zu sein, doch das Denken der Menschen jener Zeit war noch sehr mittelalterlich geprägt mit ersten „Einschlägen“ der beginnenden Neuzeit.
Insgesamt gab mir das Büchlein einen kurzen Überblick über die wesentlichen Personen und Ereignisse der Eroberung Amerikas im 16. Jahrhundert. Diesem wird sicher noch das eine oder andere Buch folgen; das Literaturverzeichnis liefert erste Hinweise dazu.
Mein Fazit
Eine gute Einführung zu Hintergründen, Ablauf sowie Erfolgen wie Mißerfolgen der „Conquista“ der Eroberung Amerikas durch die Spanier zwischen 1492 und 1572.
Über den Autor (Verlagsangabe)
Vitus Huber forscht an der Harvard University. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München und Gastwissenschaftler in Madrid, Mexiko-Stadt, Sevilla und Providence (RI).
Bibliographische Angaben
128 Seiten, Abbildungen, 10 Abbildungen, Zeittafel, Literaturhinweise, Register, kartoniert
Verlag: Verlag C. H. Beck oHG, München 2019; ISBN 978-3-406-73429-8