Die Bauernsägen in ihrer ursprünglichen Form mit Wasserrädern und Holzgattern werden nicht mehr benutzt und verfallen. (Seite 239)

 

Cover: Alte Bauernsägen

 

Zum Inhalt

Genau genommen ist der Buchtitel bereits eine Kurzinhaltsangabe. Der Autor beschreibt Entwicklung und Funktion der „Bauernsägen“, also von Sägewerken, die von Bauern für den Eigenbedarf betrieben wurden und - je nach Größe - auch Handel mit den Produkten trieben.
Zunächst gibt er einen Überblick über die Entwicklung der Sägen, bevor er auf die einzelnen Teile eingeht und diese in Wort und Bild (mit vielen Fotos und Zeichnungen) beschreibt. Man erhält so einen sehr guten Überblick über diese heute praktisch ausgestorbene Art der Holzverarbeitung.

 

 

 

 

Meine Meinung

Es erweist sich bisweilen als praktisch, wenn man eine gut sortierte Bibliothek sein eigen nennt. Seit meiner Jugend habe ich mich immer wieder, mal mehr, mal weniger, für alte Häuser und Mühlen interessiert. So haben sich im Laufe der Jahre etliche Bücher zu der Thematik bei mir angesammelt. Und jetzt, nachdem diese teils mehr als dreißig Jahre im Regal standen, bin ich genau darum froh: daß sie im Regal stehen. Denn wie ich in der Rezension zu Georg Braunes „Anlage, Einrichtung und Betrieb der Sägewerke“ schrieb, bin ich auf der Suche nach Informationen über Sägewerke in früherer Zeit, um gegebenenfalls ein solches im Modell nachzubilden. Die Suche kann ich praktischerweise am eigenen Bücherregal beginnen. Zwar ist eine „Bauernsäge“ nicht unbedingt das, was mir vorschwebt, dennoch - die Literatur zum Thema ist nicht unbedingt zahlreich - ist dieses Buch ein guter Anfang.

Jüttemann gibt zunächst einen Überblick über die Entwicklung des Sägewesens - von den Anfängen bei den alten Ägyptern bis etwa ins 17. Jahrhundert.

Dem Buch liegt eine vergleichende Untersuchung von rund hundert Sägewerken in Mitteleuropa zu Grunde. Auf Landkarten gibt der Autor deren Standorte an, denn er wird sich immer wieder auf einzelne Sägewerke beziehen.

Im Folgenden gibt Jüttemann eine ausführliche und umfassende Darstellung des Aufbaus und der Funktion einer „Bauernsäge“. Das heißt, eines Sägewerkes, das zu einem Bauernhof gehört und meist als Nebenbetrieb betrieben wird. Zu den meisten Höfen gehört Waldbesitz, aus dem man seinen Holzbedarf deckt; dieser wird dann im eigenen Sägewerk geschnitten. Ist der Wald größer als der Eigenbedarf, oder hat man genügend Zeit, kann man auch für andere sägen. Seien es Nachbarn, sei es, daß man das Schnittholz verkauft. So ergibt sich für so manchen Hof ein Zuverdienst. Auch wenn beim Zersägen eines Stammes etwa 30% Abfallholz anfällt und nur 70% als Nutzholz Verwendung finden kann (vgl. S. 181).

Erst durch dieses Buch wurde mir bewußt, wie kompliziert so etwas Einfaches wie sägen ist, wenn man es professionell betreibt. Das fängt beim Antrieb an, der bei fast allen im Buch behandelten Sägen durch Wasserkraft geschieht. Damit das funktionieren kann, braucht es ein Wasserrad. Allerdings ist es nicht damit getan, einfach aus Holz ein solches zusammenzuzimmern und dann Wasser darüber laufen zu lassen - möglicherweise wird es sich nicht drehen, weil das Wasser über das Rad hinaus schießt und darob keine Kraft entfaltet wird. Auch so etwas Einfaches wie ein Wasserrad ist ein technisches Kunstwerk, zu dessen Herstellung es viel Erfahrung, Geschick und vor allem Können bedarf.

So müssen die einzelnen Fächer des Wasserrades je nach dem, wie das Wasser seine Arbeit verrichten soll, eine bestimmte Form, eine bestimmte Größe und einen bestimmten Winkel aufweisen, sonst funktioniert es nicht. Zudem muß die Leistung ausreichend sein, um die am Rad hängenden Sägen antreiben zu können. Ob man damals mit den in diesem Buch gegebenen mathematischen Formeln all dies genau ausgerechnet hat, weiß ich nicht. An einer Stelle heißt es sinngemäß, es gibt praktisch keine Bauzeichnungen von Sägewerken vor etwa 1850, weil die Baumeister ihre Pläne im Kopf hatten (vgl. S. 48).

Im Weiteren wird alle Teile des Sägewerkes beschrieben, vom Sägegatter über den Transport des Holzes, die Steuerung des Wasserstromes bis hin zum Gebäude und natürlich den verschiedenen Formen des Sägens. Den Abschluß bildet eine kurze Übersichtsdarstellung der wirtschaftlichen Entwicklung von etwa 1805 bis in die Jetztzeit (wobei zu beachten ist, daß das Buch schon 1984 erschienen ist).

Ergänzt durch ein Literatur- und Quellenverzeichnis erhält man einen umfassenden Überblick über die heute weitestgehend verschwundenen alten Bauernsägen.

Mein Fazit

Ein umfassender Überblick in Bild und Text über Geschichte, Technik und Bedeutung der Bauernsägen.

 

Über den Autor (Quelle: Wikipedia

Herbert Jüttemann wurde 1930 in Mühlheim/Ruhr geboren. Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Aachen übersiedelte er nach Karlsruhe und entdeckte sein Interesse für die technische Seite der Volkskunde. 1982 promovierte er zum Dr. Ing. an der Technischen Universität Karlsruhe mit einer Arbeit über Wasserbetriebene Sägewerke im Schwarzwald vor 1850.
Er befasste sich außerdem intensiv mit den im Schwarzwald hergestellten Uhren, Dreh- und Jahrmarktorgeln, mit Orchestrien und Phonogeräten sowie den daraus erwachsenen Industrien. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Artikel über seine Forschungen, die zum Teil bahnbrechend waren. Er ist sowohl auf dem Gebiet der mechanischen Musikinstrumente als auch der historischen Mühlen ein bedeutender Forscher, dessen Fachwissen von der Denkmalpflege, den Museen und der Sammlerwelt sehr geschätzt wird.

Bibliographische Angaben

248 Seiten, zahlreiche Zeichnungen und Fotos, gebunden
Verlag: Verlag G. Braun, Karlsruhe 1984; ISBN-10: 3-7650-9020-4, ISBN-13: 978-3-7650-9020-2

 

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