„Warum aber...“ Mächtige Schultern schaute sich um, um sich zu vergewissern, daß alle ihm zuhörten, „warum sollten wir vor den Schädelspaltern Angst haben? Sehen wir zu, daß wir mehr Elk-Hunde bekommen, und dann...“ Er schien noch ein Stück zu wachsen. “...sollen die Schädelspalter uns fürchten.“ (...)
Dies war der Wendepunkt in der langen Geschichte des Volkes. (Seite 160)
Zum Inhalt
16. Jahrhundert, Juan Garcia, in die Kolonien in Amerika strafversetzt, verunglückt auf einem Jagdausflug. Als er wieder erwacht, ist er von Indianern umgeben, die ihn beobachten. Da er verletzt und nicht reisefähig ist, schließt er sich lose dem Stamm an, der den Fremden duldet. Meint Garcia zunächst, es seien - wie man ihm immer gesagt hatte - nur unzivilisierte Wilde, muß er erkennen, daß dieses Vorurteil falsch ist. Er wird herzlich aufgenommen; je länger er bei dem Stamm lebt, um so weniger weiß er, ob er wieder zurück will. Bis eines Tages etwas passiert, das eine endgültige Entscheidung erzwingt.
Kommentar / Meine Meinung
Als ich kürzlich das erste Mal von der „Spanish Bit Saga“ las, konnte mich das erst mal nicht interessieren. 16. Jahrhundert - Spanier, das erschien mir nicht unbedingt reizvoll. Und dann noch 29 Bände, von denen es nur vier auf Deutsch gibt! Erst als ich das Cover dieser deutschen Ausgabe zu Gesicht bekam wurde ich stutzig und las etwas genauer, worum es in den Büchern geht. Das klang dann schon ganz anders; als ich die Romane gebraucht günstig bekommen konnte, habe ich zugegriffen. Und es nicht bereut - im Gegenteil.
Das Buch begonnen hatte ich Mühe, es für so profane und unnötige Dinge wie Essen oder Schlafen zur Seite zu legen, so sehr war ich in die Welt der Indianer zu der Zeit, da diese erstmals mit dem Pferd in Berührung kamen, eingetaucht. Und genau das ist das, was dieses Buch (bzw. diese Serie) von so ziemlich allem unterscheidet, was ich bisher über Indianer gelesen habe. Es ist die Zeit, da die Grundlagen für die Kultur gelegt wurden, wie wir sie ansonsten aus Western (seien es Bücher oder Filme) kennen. Coldsmith gelingt es, jenes Erstaunen, das die Indianer des Volkes verspürten, als sie zum allerersten Mal ein Pferd aus der Nähe sahen und nicht recht wußten, was sie davon halten sollten, deutlich zu machen. Er beschreibt den Kulturschock, den die nähere Begegnung des Juan Garcia und der „Wilden“ auslöste - auf beiden Seiten. Denn Garcia waren die Indianer als Wilde, bar jeglicher Zivilisation und jeden Verstandes, beschrieben worden. Woher hätte er wissen sollen, daß dieses Vorurteil schlicht falsch war?
Aber was hätte ihm das genützt, wenn auf der anderen Seite diejenigen die Oberhand behalten hätten, die alles Fremde erst mal töteten, um jegliche Gefahr auszuschließen? Aber wie das Schicksal so spielt, war eben jener weise Indianer namens Kojote dabei, als Garcia gefunden wurde und nach dem Sturz vom Pferd seinen Helm abnahm, was ihm den indianischen Namen „Der-ohne-Kopf“ einbrachte. Denn die hatten noch nie zuvor einen Helm gesehen geschweige denn jemanden, der einen solchen abnahm!
In einer nicht zu ausladenden, eher handlungsbezogenen Sprache erzählt Coldsmith in diesem Buch, wie Garcia zum Volk, dem Indianerstamm, der keinen eigenen Namen erhält, kam, wie das gegenseitige Kennen- und schließlich Schätzen lernen vonstatten geht und Garcia mehr und mehr zu Dem-ohne-Kopf wird. Das mag auf den ersten Blick an Michael Blakes „Der mit dem Wolf tanzt“ erinnern, und sicherlich gibt es die eine oder andere Parallele, das bleibt bei der Thematik wohl nicht aus. Dennoch erschafft Coldsmith seine ganz eigene Welt bzw. erzählt eine ganz andere Geschichte. Denn im Gegensatz zu den Comanchen bei Blake hatte das Volk hier noch nie Kontakt mit Weißen - und einem bärtigen schon gar nicht. Es gibt also keinerlei Vorwissen und zudem das Aufeinandertreffen zweier Kulturen, die bisher noch nicht in Verbindung geraten waren.
Genau dieses hat mich an dem Buch so fasziniert, denn Coldsmith beschreibt das so, daß ich das gut nachvollziehen kann, wie schwierig das für die Beteiligten gewesen sein muß - alleine schon dadurch, daß man sich zu Beginn weder sprachlich noch durch Zeichensprache verständlich machen konnte. Zudem bringt Garcia das erst Pferd mit zu den Indianern. Immer wieder liest man, daß dies das Leben stark verändert habe; aber wie das ablief, was sich alles änderte - bis hin zu den Lagerplätzen, denn plötzlich mußten entsprechende Weidemöglichkeiten vorhanden sein! - genau das schildert der Autor in seinem Buch auf eindrückliche Weise.
Etliches kam mir bekannt vor, und je mehr sich Garcia und sein Gastgeber Kojote verständigen konnten und annäherten, um so mehr kamen sie zu einem Ergebnis, zu dem möglicherweise auch der geneigte Leser kommen wird: Bei uns ist es genauso. (Seite 71)
Kurzfassung
Als die Indianer zu Pferden kamen, veränderte sich alles: Lebensweise und Kriegführung. Coldsmith zeigt dies im ersten Band seiner Spanish Bit Saga deutlich und nachvollziehbar auf. Ein lesenswertes Buch über eine ferne Zeit.
Über den Autor
Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.
Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe
223 Seiten, kartoniert
Originaltitel: Trail of The Spanish Bit. Aus dem Amerikanischen von Michael Kubiak
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag, München 1993; ISBN-10: 3-453-07144-1; ISBN-13: 978-3-453-07144-5