The old days are no more.* (Seite 88)
Zum Inhalt
Der Roman setzt etwa ein halbes Jahr nach den Ereignissen des sechsten Bandes mit dem Familientreffen der Monroes ein. Es ist teilweise viele Jahre her, daß man sich zuletzt gesehen hat, daher bleiben Spannungen nicht aus. Der Familienclan ist inzwischen stark gewachsen und über halb Amerika verstreut - so rauft man sich zusammen, während am Himmel ein Adler seine Kreise zieht.
Doch die Zeiten sind alles andere als friedlich, auch wenn die Indianerkriege fast vorbei sind. Im Norden flackert die Geistertanzbewegung auf, zu der Swift Arrow sich hingezogen fühlt. während die Enkelgeneration mit ähnlichen Problemen wie schon seinerzeit Zeke und Abby zu kämpfen hat. Denn sowohl Indianern, Mexikanern wie auch Schwarzen gegenüber herrschen große Ressentiments - und alle sind in der Familie vertreten, haben teilweise sogar früher gegeneinander gekämpft.
Zumindest diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei, denn die Familie wird große Kraft und Mut benötigen, die Kämpfe der Zeit zu bestehen. Wolfs Blood, der trotz seiner neuen Familie stark in den alten Zeiten verwachsen ist, hat die meisten Probleme. Heftige Konflikte bleiben da nicht aus.
Vorbemerkung
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Meine Meinung
Vor einigen Tagen schon habe ich das Buch ausgelesen, und selten fiel mir eine Rezension so schwer wie jetzt, da ich mich von den überlebenden Monroes ein für alle Mal verabschieden muß. Über dreitausendeinhundert Seiten und über mehr als fünfzig Jahre hindurch habe ich nun das Schicksal von Zeke Monroe, Abigail Trent Monroe, ihren Kindern, Enkelkindern und Verwandten verfolgt, und nun das Gefühl, mich nicht von Figuren, sondern von Menschen, die mir vertraut sind wie die eigene Familie, verabschieden zu müssen. Wobei viele - zu viele - sich schon während der Romane zu Heammawihio, ins Reich der Toten, zurückgezogen haben - die meisten durch Gewalt.
Es ist ein seltsames Ding, was man von einem Buch (bzw. hier einer Buchserie) letztlich im Langzeitgedächtnis behält. Ich meine jetzt nicht unbedingt den (nahezu) vollständigen Handlungsstrang, sondern einzelne Szenen, oder nur ein Bild, das sich für ewig ins Gedächtnis einbrennt. Vor langer, langer Zeit (über vierzig Jahre ist das her), habe ich ein Buch - Theodor Kröger „Das vergessene Dorf“ - gelesen, von dem mir am Ende auch heute noch, als wäre es gestern gewesen, das Bild von zwei einsamen Gräbern irgendwo in der Wildnis der sibirischen Taiga im Gedächtnis geblieben ist. Und noch heute kann ich empfinden, was ich damals, deutlich unter zwanzig Jahren alt, gefühlt habe.
Jetzt, nachdem ich die ganze siebenbändige Savage-Destiny-Serie gelesen habe, ist ein weiteres Bild hinzugekommen, das ich wohl niemals mehr aus dem Gedächtnis werde bannen können. Irgendwo in den Rocky Mountains steht einsam in unzugänglicher Gegend und unberührter Natur ein Trauergestell, wo vor wilden Tieren geschützt Zeke Monroe, das große Messer in der Hand, sich von den Mühen seines Lebens ausruht. In der Nähe rauscht ein Wasserfall und hoch droben zieht ein einsamer Adler seine Kreise. Von Zeit zu Zeit fliegt er hinfort übers Land, um zu sehen, wie es den Nachkommen des Zeke Monroe geht, oder auch, um ihnen eine Botschaft oder Warnung zu bringen...
Es ist schade, daß die Autorin die Saga nicht mit den nächsten Generationen fortgesetzt hat, andererseits verständlich, denn inzwischen ist die Familie trotz der Verluste so angewachsen, daß man leicht den Überblick verlieren kann. In dieser Spätzeit des „Wilden Westens“, kurz vor und nach Schließung der Frontier, brechen nochmals die Konflikte zwischen Altem und Neuem auf, stellt sich immer wieder die drängende Frage, ob die „Weißen“ das Recht hatten, dermaßen brutal und konsequent eine entwickelte Kultur zu vernichten und ihre eigene (wobei ich manches Mal in diesem Zusammenhang mit dem Begriff „Kultur“ meine Probleme habe) an die Stelle zu setzen. Die Unterlegenen rücksichtslos zu zwingen, sich an die „weiße“ Denk- und Handlungsweise zu gewöhnen und anzupassen, diese zu akzeptieren, wobei man selbst nicht mal im Ansatz versucht, die der Indianer auch nur zu verstehen. Wenn ein Indianer sich dann aber an die weiße Gesellschaft angepaßt und integriert hat, wird er dennoch nicht akzeptiert - er ist ja nur ein „Wilder“ und minderwertig. Unwillkürlich stellt sich die Frage, ob man andere Menschen vertreiben, unterdrücken, gar ausrotten darf, um die eigene Lebensform als die alleingültige durchzusetzen.
Immer wieder taucht diese Thematik auf; zwar war mir das aus anderen (Sach-) Büchern bekannt, doch noch nie (das bezieht sich jetzt auf die Buchreihe als Ganzes) habe ich die Auswirkungen des weißen Vordringens in den amerikanischen Westen auf die dort seit Jahrhunderten ansässigen Stämme dermaßen eindringlich und konsequent dargestellt gefunden wie in der Savage-Destiny-Reihe. Als Eisenbahnfreund von Kindesbeinen an hat mich stets auch die Bahn im „Wilden Westen“ fasziniert. Seit diesen Büchern sehe ich das differenzierter, denn welche verheerenden Auswirkungen der Bau der Eisenbahn auf die Indianer hatte - auch das wird im Verlauf der Handlung mehr als deutlich.
Was sich im sechsten Band leise andeutete, taucht hier verstärkt auf: indianische Mystik, um es so zu bezeichnen. Der Autorin sind dabei ungemein beeindruckende Bilder und Szenen gelungen. Der Adler als Symbol für den verstorbenen Zeke, die Wölfe, die Wolfs Blood begleiten und in kritischen Momenten zur Stelle sind. Es bedarf nicht vieler Worte, um hochemotionale Szenerien erstehen zu lassen, etwa [auf Seite 150, als sich der Wolf winselnd auf Jennifers Grab legt, einige Seiten später, als die Wölfe Wolfs Blood vor dem Erfrieren retten, oder gegen Ende, als am Himmel der Adler ruft und am Boden der Wolf heult]. Szenen, die man wohl nie wieder vergessen kann, und bei denen es vielleicht nicht verkehrt ist, ein Taschentuch in Griffnähe zu haben...
Selten hat mich ein Buch bzw. eine Buchreihe dermaßen aufgewühlt und mitgenommen wie diese, Emotionen hervorgerufen, von denen ich nicht wußte, daß ich zu ihnen fähig bin, Einsichten beschert, die mir bisher verwehrt waren. Viel wäre zu sagen, aber dazu müßte ich dann das ganze Buch nacherzählen, und das ist denn doch nicht der Sinn dieser Zeilen. Gegen Ende hat mich das Buch an das Ende eines anderen erinnert. „Walks Far Woman“ von Colin Stuart. Was dort der Coyote, ist hier der Adler, der ruft - und dessen Ruf unbedingte Folge zu leisten ist.
Jetzt, über einhundertdreißig Jahre nach den in der Buchserie geschilderten Ereignissen, weilt keine der Personen der Familie Monroe mehr unter den Lebenden. Ob sie nun im Himmel, bei Heammawihio oder einfach „bei den Geistern“ sind, wissen nur sie allein. Einstens, wenn auch wir die Augen für immer schließen und uns zur ewigen Ruhe legen, erhalten wir vielleicht die Chance, dies zu erfahren. Wohin denn die Seele nach dem irdischen Dasein wandert. Und vielleicht werden wir sie, deren Leben wir in sieben Bänden durch über dreitausendeinhundert Seiten hindurch begleitet haben und die mir fast so etwas wie Verwandte geworden sind, dort treffen. Und sie werden selbst von ihrem Leben berichten können, von ihren Erfahrungen und Abenteuern; wie das war, als aus der „Wildnis“ eine „Zivilisation“ wurde (wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese Begriffe so korrekt verwendet sind, aber das ist eine andere Geschichte). Als Lone Eagle Zeke Monroe und Abigail Trent sich auf einem Treck in den Westen kennen und lieben lernten, ihre Leben bis über den Tod hinaus aneinander banden und gemeinsam allem trotzten: ein wahrhaft Savage Destiny**.
Mein Fazit
Eine lange, leid-, aber auch freudvolle (Lebens-) Reise gelangt mit diesem Buch an ihr Ziel. Vom freien Leben in der Prairie bis hin zum Untergang einer Lebensform und Kultur. So war der „Wilde Westen“ - hart und unerbittlich in grandioser Landschaft aus Sicht der Unterlegenen. Eine grandiose Saga, unvergeßlich.
Über die Autorin
Rosanne Bittner wurde 1945 geboren und begann schon während der Schulzeit zu schreiben. Ihr erstes Buch verkaufte sie 1983; bisher sind über sechzig Romane von ihr erschienen. Sie ist seit 1965 verheiratet und zweifache Mutter. Sie lebt in der Nähe des Lake Michigan.
Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe
445 Seiten, kartoniert
Verlag: ZEBRA Books, Kensington Publ. Corp. New York NY 1996 ISBN-10: 0-8217-5326-6, ISBN-13: ISBN-13: 978-0-8217-5326-2