Centuries of civilization had peeled away in an instant, and he was one with the other sons of the prairie. (Seite 125)
Somehow, he felt that with all his formal schooling in the academies of Europe, he was the uneducated here. (Seite 136)*
Zum Inhalt
Das Buch beginnt etwa vier Jahre nach dem Ende des Vorgängers „Pale Star“. Diese ist inzwischen mit Hunting Hawk verheiratet, der im Fort Mishi-ghan als Scout für die Franzosen tätig ist. Als Lieutenant du Pres auf eine Erkundungsmission in den Westen geschickt wird, begleiten ihn Sergeant Cartier sowie Hunting Hawk und Pale Star als Scouts. Verkompliziert wird die Situation dadurch, daß sowohl Pale Star als auch du Pres sich zueinander hingezogen fühlen.
Eigentliches Ziel der Expedition ist, einen Wasserweg in den Westen zu finden. Pale Star weiß, daß es diesen nicht gibt, und nur Hunting Hawk ahnt, daß sie versucht, einen Weg zurück zu ihrem Volk zu finden. Eine ganze Weile kommen die vier gut voran, bis schließlich eine Katastrophe die Mission an ihr vorzeitiges Ende bringt. Nun heißt es für die Überlebenden, in der Wildnis zu überleben.
Meine Meinung
Da hier die Geschichte von Pale Star weitererzählt wird, habe ich diesen zehnten Band gleich nach dem neunten gelesen. Der Bruch, den ich in der Rezension zum Vorgänger erwähnt habe, wird hier noch deutlicher spürbar. Über hundert Jahre, nachdem Heads Off zum Volk kam, beginnen die Weißen, ins Indianerland vorzudringen. Teilweise (zunächst) erfolglos, aber wie wir aus der Geschichte wissen, stetig und letztlich siegreich.
Im Fort Mishi-ghan der Franzosen treffen beide Welten aufeinander. Auf die „Eingeborenen“ wird noch nicht ganz so sehr herabgesehen, wie das später der Fall sein wird, aber die Szene, als ein Jesuit versucht, die Indianer zu missionieren ist typisch. Sicher war der Autor nicht dabei, aber nach dem, was aus der Geschichte bekannt ist, dürften dessen Worte und Reaktionen nur zu sehr der Wahrheit entsprechen. Und das wirft kein gutes Licht auf die Eindringlinge.
Lieutenant du Pres und Sergeant Cartier sind da etwas anders gestrickt, wie im Verlauf ihrer Expedition klar wird. Sie begegnen dem Neuen und den Einheimischen nicht von oben herab, sondern neugierig und auf gleicher Ebene - gute Voraussetzungen für den Erfolg ihrer Mission. Daß diese aber, zumindest im ursprünglichen Sinne, keinen haben wird, wird schon aus dem Vorwort deutlich.
Die vier begeben sich nun also die die Reise, die Pale Star im neunten Band gemacht hat, nur in umgekehrter Richtung. Auch wenn Hunting Hawk ahnt, wohin sie seine Frau führt - denn sie hat nie einen Hehl daraus gemacht, daß sie eines Tages zurück zu ihrer Familie will -, läßt er sie gewähren, weil er sehen will wie es sich entwickelt. Von dem „Liebesdreieck“ ahnt er freilich nichts, wie auch die beiden anderen Beteiligten, die ihre Gefühle verstecken.
Wer den Verlagswerbetext gelesen hat, weiß wie es ausgeht, und wenn man das Buch liest, ahnt man es desgleichen sehr bald, nur wie der Autor das „Problem“ lösen will, bleibt über viele Seiten im Dunkeln. Aber, da es die Beschreibung einer mißglückten Expedition ist, kommt es, wie es kommen muß, und an Ende sind Pale Star und du Pres, der von ihr wie den anderen Indianern Sky Eyes genannt wird, in der Wildnis alleine, verletzt und auf sich gestellt. Nur dank der Kenntnisse und Erfahrungen Pale Stars haben sie eine Überlebenschance. Nun möchte Pale Star nicht nach Hause, jetzt müssen sie ihr Volk finden.
Wie schon bisher, gelingt es Coldsmith auch hier wieder auf rund einhundertsiebzig Seiten eine Geschichte zu erzählen, für die mancher andere Autor vielleicht deren vierhundert gebraucht hätte, und dennoch hatte ich zu keiner Zeit das Gefühl, als ob etwas zu wenig beschrieben wäre oder fehlen würde. Die Figuren erwachten zum Leben, die Landschaften oder den reißenden Fluß konnte ich mir gut vorstellen, die Handlung entwickelte sich folgerichtig, die Figuren dachten und handelten glaubwürdig und situationsangemessen.
Und genau darin manifestiert sich auch der schon erwähnte Bruch auch innerhalb der Handlung. Die „weiße“ Welt trifft auf die „rote“, wobei Erstere bedenkenlos die Letztere zurückdrängen würde, um sich auszubreiten (wie es letztlich auch geschehen ist). Das wird recht deutlich an den Tagebucheinträgen du Pres, die dieser auch nach dem anscheinenden Scheitern der Mission fortführt, und in welchen er schreibt, daß das Land sich sehr zum Kolonisieren eignet und nur darauf wartet, in Besitz genommen zu werden. Ein Konflikt, der sich so schnell nicht lösen läßt und daher erst einmal beiseite geschoben wird. „Die weißen Siedler wollen, was rechtmäßig jemand anderem gehört, und sie sind zahlenmäßig überlegen und haben die überlegenen Waffen.“**, wird Cheyenne Zeke rund zweihundert Jahre später zu seinen Kindern sagen. (in: Rosanne Bittner „Climb the Highest Mountain (Savage Destiny 5)"), und exakt dies ist die Einstellung, die wir hier auch vorfinden, nur daß sie hier noch nicht die absolute Geltung erlangt, wie zu späteren Zeiten.
Für mich interessant waren die Parallelen, die ich vermeinte, zu anderen Büchern zu entdecken. Die Entwicklung von du Pres, der Sky Eyes genannt wird, hat mich teilweise sehr an die eines anderen Militärs erinnert, gut zweihundert Jahre später. Beschrieben von Michael Blake wurde er „Der mit dem Wolf tanzt“ genannt. Am Ende von „Rivers of Swan“ mußte ich unwillkürlich an die letzten Seiten eines ganz anderen Buches denken, nämlich „Der stille Don“ von Michail Scholochow. Wie sich die Bilder gleichen...
Und ein Weiteres unterscheidet dieses Buch von den vorigen, denn es sei zugegeben: dieses ist das erste der neunundzwanzig der Reihe, das ich mit einer Träne im Auge beendet habe. Das war nicht einmal bei den Savage Destiny Büchern so, die - so schlimm es für Figuren wie Leser auch wurde - letztlich doch irgendwie hoffnungsvoll endeten. Hier legt sich über die letzten Seiten eine Melancholie, die bis zum Ende nicht mehr weichen will. Ein Hinweis darauf, was eine (ferne) Zeit bringen wird? Ein Schatten legt sich auf die Zukunft und läßt mich dem Ende der Reihe mit einer gewissen Bangigkeit entgegen sehen. Was wird aus dem stolzen und freien Volk werden?
Ob diese Melancholie allerdings schon jetzt auf Dauer ist, wird sich im nächsten Band zeigen. Dieser setzt einige Jahre später ein und schließt offensichtlich direkt an das Ende dieses Buches an.
Mein Fazit
Die Reihe entwickelt einen Sog, dem ich mich nicht mehr entziehen kann. Das Aufeinandertreffen von „weiß“ und „rot“ sowie den verschiedenen Denkweisen hat Coldsmith nachvollziehbar, mit großer Sympathie für die Natives beschrieben und Figuren geschaffen, die man so schnell nicht wieder vergißt.
Über den Autor
Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.
Sinngemäße Übersetzungen:
* = S. 125: Jahrhunderte der Zivilisation waren in einem Augenblick verschwunden, und er war eins mit den Söhnen der Prärie
S. 136: Irgendwie fühlte er, daß er trotz all seiner Schulbildung in den Akademien Europas hier der Ungebildete war.
Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe
177 Seiten, 1 Landkarte, gebunden mit Schutzumschlag
Verlag: Doubleday & Company Inc., New York 1986. ISBN-13: 978-0-385-23228-9