Woodchuck sighed. His wife’s people lived one day at a time. Lived it hard, enthusiastically, joyfully, and thankfully. But just one day at a time. Let tomorrow take care of itself.* (Seite 120)
Zum Inhalt
Es ist, wie inzwischen jedes Jahr, wieder die Zeit für die Handelsreise nach Santa Fé. Zum ersten Mal darf Red Feather, der sechzehnjährige Sohn von Woodchuck, an der Reise teilnehmen. Diese wird für ihn das Ende der Kindheit bedeuten, aber das weiß er zu Beginn noch nicht.
Bei den Spaniern hat das Kommando gewechselt, Änderungen ziehen am Horizont herauf. Zudem taucht eine französische Expedition auf, deren Anführer Wormface ist - der Marquis Pierre de Foixainne. Ist er etwa auf der Suche nach Woodchuck und Sky Eyes, die in ihrem früheren Leben französische Soldaten waren? Und was passiert, wenn er sie findet? Unheil dräut am Horizont, und niemand weiß, wie schlimm es wirklich werden wird.
Meine Meinung
„Am Ende dieses Bandes sollte man sich mit den Figuren über den Ausgang der Expedition freuen und zu ihren Gunsten hoffen, daß der anstehende Winter nicht zu hart wird und die guten Zeiten noch möglichst lange andauern.“; so hatte ich am Ende meiner Rezension zum Vorgängerband „The Medicine Knife“ geschrieben.
Ungefähr fünf Jahre sind seit den dort erzählten Ereignissen vergangen, wir schreiben etwas das Jahr 1662. Inzwischen ist Woodchucks Sohn Red Feather etwa sechzehn Jahre alt und damit an der Schwelle zum Erwachsenen. Auch deshalb darf er dieses Jahr erstmals an der jährlichen Handelsreise nach Santa Fé teilnehmen. Doch die Zeiten beginnen sich zu ändern, so daß niemand auch nur ahnt, daß am Ende der Reise nichts mehr so sein wird wie zuvor. Die „guten Zeiten“ scheinen sich ihrem Ende zu nähern.
Denn in Santa Fé hat der Kommandant gewechselt, sein bisheriger Posten wird von einem frisch von der Militärakademie kommenden Offizier eingenommen, der so gar nichts von den örtlichen Verhältnissen weiß. Auch wenn er jetzt noch keine große Rolle spielt, ist es für den Leser das erste Vorzeichen für Veränderungen. Wenn man in die Geschichtsbücher - oder einfach auf den Klappentext für den folgenden Band - sieht: kein gutes.
Doch erst einmal müssen die aktuellen Bedrohungen gemeistert werden. Es taucht ein alter Bekannter auf, und ich habe genau wie Woodchuck gerätselt, wer das ist, bis er seinen Namen nannte: Pretty Weasel. Erinnerungen kommen auf an eine Zeit vor einigen Jahren, als beide sich das erste Mal trafen und fast gegenseitig getötet hätten, bevor sie Freunde wurden. Mit ihm kommt die Gefahr, denn Woodchuck muß annehmen, daß Pretty Weasels Arbeitgeber - der Marquis Pierre de Foixainne genannt Wormface - auf der Suche nach dem (aus französischer Sicht gesehen) Deserteur ist. Doch das ist nicht die einzige Schwierigkeit, denn der unerfahrene Red Feather gerät in eine lebensgefährliche Situation - bedingt durch eben seine jugendliche Unerfahrenheit.
Immer wieder erstaunt es mich, wie gut Coldsmith die Geschehnisse aus Sicht der People darstellen kann. Man meint, er sei dabei gewesen und selbst deren Stamm zugehörig. Um so mehr kontrastiert damit die Einstellung der „Weißen“ (auch wenn es hier Spanier und noch keine Amerikaner sind), die bei Kontakt mit ihnen Fremden grundsätzlich von üblen Absichten ausgehen, sich die Fakten dabei passend zurecht biegen, erst Schießen - und dann „Hände hoch“ rufen.
Im Zusammenhang des Buches war ich an einigen Stellen etwas irritiert über Sky Eyes und Woodchuck: sicher sind sie von Geburt an Franzosen, doch nun leben sie seit über fünfzehn Jahren beim Elk-Dog-Stamm, und dennoch denken sie in etlichen Situationen noch wie Franzosen. Man kann und soll seine Herkunft sicherlich nicht vergessen, doch (wie es in einem der vorigen Bände hieß): inzwischen sind sie „man of the people - Menschen des Volkes“, haben da ihre Familie und Freunde. Da erschien es mir doch etwas wunderlich, wie schnell sie in einigen Situationen in alte Denkmuster verfielen. Vor langer Zeit bei Heads Off war das anders - er hatte sich so weit integriert, daß vom einstigen Spanier praktisch nichts mehr übrig war. Doch das ist eben über hundertzwanzig Jahre her; die Menschen haben sich verändert.
Wobei „vor langer Zeit“ ein Stichwort ist, das mir beim Lesen weiterer Bände wohl öfters in den Sinn kommen wird. Denn als Leser kenne ich die Vorgeschichte seit etwa 1540 und somit auch die Vorfahren der jetzt (im Buch) Lebenden, diese haben jedoch nur meist verschwommene Erinnerungen - oder Legenden (vgl. etwa S. 15, als an die Kriegerin Running Eagle erinnert wird; Band 6 „Daughter of the Eagle“, mehr als achtzig Jahre vor den Geschehnissen dieses Bandes). Ähnliches ist mir vor Jahren erstmals beim Lesen von Gustav Freytags „Die Ahnen“ begegnet. Der Romanzyklus beginnt um 357 und endet um 1827, erzählt wird die Geschichte eines Geschlechtes durch die Jahrhunderte. Ereignisse von 357 sind in späteren Jahrhunderten zur Legende geworden, in dem ein Drache eine Rolle spielt. Zugrunde liegt ein Großbrand, der Tote fordert. Hier wie dort kann man gut die Entstehung von Mythen und Legenden beobachten.
Legenden werden sich weiter bilden, und die Menschen sich auch künftig verändern, wie gegen Ende des Buches Pale Star, die Ehefrau Sky Eyes, feststellen wird. „Was sein wird, wird sein.“ Schon damals hofften Eltern, ihre Kinder würden es einmal besser haben. Und wurden möglicherweise genauso enttäuscht wie wir heutigen. Doch das ist eine Sache der nächsten Bände. Bis dahin gönnen wir unseren Helden, wie gegen Ende des Buches angedeutet, noch einige Jahre Ruhe - Ruhe vor dem Sturm?
Mein Fazit
Die Anzeichen am Horizont, die auf schwere Zeiten hindeuten, mehren sich. Doch zuerst müssen die Abenteuer und Gefahren dieser weiten Reise nach Santa Fé be- und überstanden werden. Don Coldsmith gelingt es auch hier wieder wie kaum einem anderen, die Welt der amerikanischen Ureinwohner zum Leben zu erwecken.
Über den Autor
Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.
Sinngemäße Übersetzung und Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe
* = Die Menschen des Volkes seiner Frau lebten in den Tag hinein. Lebten ein hartes Leben, begeistert, voll Freude, dankbar. Aber immer einen Tag nach dem anderen. Laß das Morgen für sich selbst sorgen.
191 Seiten, Genealogie, gebunden
Verlag: Doubleday New York/London/Toronto/Sydney/Auckland 1988; ISBN 0-385-24231-X