Viele Tausend Jahre sogenannter Zivilisation, und was haben wir vorzuweisen? Wir haben gelernt, uns gegenseitig wirkungsvoller umzubringen. Ich frage mich, warum Gott sich überhaupt mit uns abgibt. Wir kommen dem Frieden keinen Schritt näher. (Seite 102)
Zum Inhalt
Nach dem Tod ihrer Eltern steht Susannah völlig alleine im Leben. Da auch kein Ehemann in Sicht ist, willigt sie ein, den Bruder des Pastors als Mail-Order-Bride zu heiraten. So bricht sie ins Dakota-Territorium auf, um ihren zukünftigen Mann zu treffen und zu heiraten.
Jesse hat dort ein Stück Land und ist dabei, mitten in der Wildnis eine Farm aufzubauen. Susannah hat große Eingewöhnungsprobleme, denn so ziemlich alles, was in der Stadt galt oder sie als „schicklich“ gelernt hat, paßt hier nicht. Ihr Mann hat großes Verständnis und viel Geduld, aber das Leben geht weiter und irgendwann sind die Probleme so groß, daß sie unüberwindlich erscheinen.
Meine Meinung
Das Buch macht mir eine Rezension nicht unbedingt leicht, denn die Geschichte an sich hat mir gefallen; doch es gibt einige „abers“, die mir die Lesefreude etwas getrübt haben.
„Mail Order Bride“ bzw. „Braut auf Bestellung“ war seinerzeit eine durchaus häufig vorkommende Angelegenheit, inwieweit man damit glücklich oder nur versorgt wurde, sei hier dahingestellt. Die Ausgangssituation ist hier besonders kraß: Susannah, die aus gutem Hause stammt, städtisches Leben gewohnt ist und viel Wert auf Schicklichkeit legt, trifft auf einen Mann, der im Bürgerkrieg gekämpft hat und sich nun an der Frontier ein neues Leben als Farmer aufbaut. Aus dem halbwegs mondänen Stadthaus in ein Grassodenhaus - welch ein Gegensatz!
Susannah braucht lange, bis sie in der neuen Umgebung - sowohl im „Farmhaus“ als auch bei den Nachbarn und im nächsten Ort - so richtig „ankommt“. Ständig ist sie darauf bedacht, was für eine Dame „schicklich“ ist - nur daß das hier überhaupt nicht hin paßt. Da kann Jesse so viel sagen, wie er will. Sicher macht die Erziehung und das bisherige Leben viel aus und prägt einen Menschen, aber ihr fehlt weitgehend die Fähigkeit (oder der Wille?), sich an die neue Situation anzupassen. Susannahs Vater war Tierarzt, er hat sie öfters zu Behandlungen mitgenommen und ihr viel beigebracht. Ferner zeigt sie Ansätze zu eigenem Denken und selbständigem Handeln, was zu der Zeit nicht unbedingt selbstverständlich war, zumindest in den Städten. Hier an der Frontier ist das anders, mit „Schicklichkeit“ wird man da nicht lange überleben. Susannah erscheint mir intelligent genug, dies bald zu erkennen. Und doch tut sie es nicht. Das empfand ich auf die Dauer etwas anstrengend zu lesen, weil ich in Gedanken ständig die weibliche Hauptfigur kritisiert habe bzw. manches nicht nachvollziehen konnte.
Zu ihrer „Ehrenrettung“ sei gesagt, daß ihr Mann Jesse auch nicht gerade auf Sympathiepunkte abonniert war, auch wenn er mir als „strahlender Held mit absolut weißer Weste“ erschienen ist. Zu Misty M. Bellers „Hope in the Mountain River“ schrieb ich sinngemäß, daß mir dort das christliche Element „teilweise aufgesetzt und zu sehr betont“ erschienen ist. Im Vergleich zu hier war es dort jedoch fast schon marginal. Ich lese gerne (und oft) Romane mit christlichem Hintergrund oder christlicher Grundhaltung, aber bei alledem sollte die Darstellung lebensnah sein. In den Büchern von Denise Hunter etwa ist dies so, hier empfand ich es teilweise als etwas überzeichnet. Immerhin darf Susannah etliche Zweifel haben, was bei ihrer Vorgeschichte, die langsam im Buch enthüllt wird, allerdings kein Wunder ist.
Die Handlung entwickelt sich recht langsam, insgesamt vergehen etwa zwei Jahre vom Anfang bis Ende der Erzählung. Nach ungefähr zwei Dritteln tritt die (in einem Roman) zu erwartende „Katastrophe“ ein, die die „Helden“ zwingt, Farbe zu bekennen. Auch wenn manche Entwicklung und manche Figur durchaus einen gewissen Nerv-Faktor haben: dieses letzte Drittel erschien mir vom zeitlichen Ablauf wie auch der Entwicklung, die beide Figuren durchmachen, nachvollziehbar und realistisch, was für mich Einiges des Kritisierten wieder gut machte.
Interessant an der Konstellation war, daß in der Gegend, in der Jesse und Susannah wohnen, anscheinend überwiegend Auswanderer aus Norwegen siedeln, was mit deren Sitten und Gebräuchen ein ganz anderes und ungewohntes Element in die Erzählung bringt. Recht nah an der historischen Wahrheit dürften auch die geschilderten Lebensumstände sein; als Beispiel sei erwähnt, daß Jesses Fuhrwerk nicht von Pferden (wie in den meisten Büchern und Filmen, die im „Wilden Westen“ angesiedelt sind) gezogen werden, sondern von Bulle und Kuh gezogen wird.
Am Ende ist die Geschichte um Jesse und Susannah auserzählt; nach den überstandenen Schwierigkeiten werden sie ihr weiteres Leben gut gemeistert haben.
Mein Fazit
Der Roman wartet zwar mit einer interessanten Geschichte auf, konnte mich wegen einiger Längen und der zu „strahlend weißen“ Hauptfiguren nicht restlos überzeugen.
Über die Autorin...
... habe ich nicht viel gefunden. Catherine Richmond ist in Virginia aufgewachsen und war als Ergotherapeutin tätig, bevor sie mit dem Schreiben begann. Bisher hat sie fünf Bücher veröffentlicht. Die „Nebraska Novelists critique group“ wurde von ihr gegründet; sie lebt in Nebraska.
Bibliographische Angaben
336 Seiten, kartoniert
Originaltitel: Spring For Susannah. Aus dem Amerikanischen von Eva Weyandt
Verlag: Gerth Medien GmbH, Asslar 2015; ISBN 978-3-95734-010-8