Aiee, dachte Rote Feder. Kein Wunder, daß die Visionen so verschwommen sind. Die ganze Welt ist verrückt geworden. (Seite 108)
Zum Inhalt
Seit über zwanzig Jahren gibt es die jährliche Handelsreise nach Santa Fé. Doch dieses Jahr ist alles anders. Schon als die Gruppe im Pueblo von Blue Corn, dem Vater von Red Feathers Frau Moonflower, ankommt, ist die Stimmung seltsam angespannt. Drohendes Unheil liegt in der Luft, auch wenn man nicht so recht weiß, was kommen wird.
Aber das wird bald klar: in Santa Fé ist nichts mehr, wie es war. Nur der Händler Gutierrez ist unverändert, aber er warnt Red Feather vor den Spaniern. Es herrscht ein neuer Kommandeur, die Truppen sind andere, und die Padres „missionieren“ mit grausamer Härte. So kommt es, wie es kommen muß: Red Feather landet im Gefängnis.
Doch von außen naht weit größeres Ungemach: durch jahrzehntelange Unterdrückung hat sich ein großes Wutpotential bei den Pueblo-Indianern aufgestaut. Aus den friedlichen Bauern wurden haßerfüllte Krieger, die in großen Scharen Richtung Santa Fé ziehen. Die Konfrontation wird furchtbar.
Meine Meinung
Den „Helden“ des Vorgängerbandes „The Flower in the Mountains“ habe ich am Ende meiner Rezension ein paar ruhige Jahre „vor dem Sturm“ gewünscht. Knapp zwanzig solcher Jahre waren ihnen vergönnt, doch nun bricht ein Orkan los, der so gewaltig ist, daß er es in die Geschichtsbücher geschafft hat. Zum ersten Mal griffen die an und für sich friedlichen Pueblo-Indianer zu den Waffen - der Pueblo-Aufstand des Jahrs 1680 ist Gegenstand dieses Bandes der „Spanish Bit Saga“. So tritt das Volk erstmals seit der Ankunft von Der-ohne-Kopf im Jahre 1540 aus dem Dunkel der Geschichte heraus ins Licht und wird in historischen Ereignissen sichtbar.
Jedenfalls hier im Buch, denn natürlich sind das Volk und seine Protagonisten fiktiv, aber erstmals werden sie hier in historische Ereignisse verwickelt, die tatsächlich stattgefunden haben. Im Pueblo-Aufstand von 1680 erlitten die Spanier eine vernichtende Niederlage und wurden für über zehn Jahre aus der Gegend zurück nach Mexiko vertrieben.
Doch von diesen weltgeschichtlichen Ereignissen weiß weder Red Feather noch die anderen seiner Reisegruppe etwas. Sie wollen einfach wie jedes Jahr nach Santa Fé, um Felle gegen Gebrauchsmaterialien einzutauschen. Blue Corn, sein Schwiegervater, warnt ihn, daß er dieses Jahr besser nicht reisen sollte, doch Red Feather versteht die Situation nicht. Wie sollte er auch, ist er doch das freie Leben auf den Plains gewöhnt und hat seit über zwanzig Jahren nur gute Erfahrungen mit den Spaniern gemacht. Doch die Welt hat sich in den vergangenen zwölf Monaten massiv verändert, das muß er leidvoll einsehen, als er mit seinem Sohn im Gefängnis landet - weil er ein Indianer ist.
Wie gewohnt, erzählt Coldsmith stringent in einer ausgewogenen Mischung von Handlung und Ruhe. Immer noch erstaunt es mich, wie gut es Coldsmith gelungen ist, auf knapp einhundertachtzig Seiten eine Geschichte auf eine Weise zu erzählen, daß ich das Gefühl habe, einen Vierhundertseiten-Roman gelesen zu haben. Kein Wort zu viel und kein Wort zu wenig.
Am Ende des Buches ist eine Welt untergegangen und für alle Beteiligten steht ein Neuanfang bevor. Red Feather wird in diese Turbulenzen hineingeworfen und steht dem Ganzen zunächst fassungslos gegenüber. Sehr gut kam für mich durch, wie ihn alles verwirrte, weil es allem widersprach, was er bisher erlebt und gewußt hatte. Es prallen mit Härte die Welt der Spanier und der Indianer aufeinander - unser Held muß erstmals erleben, daß Traditionen nichts gelten, daß man mit manchen Menschen nicht reden kann, daß sich Dinge auf eine Weise verändern, wie man sie sich niemals hätte vorstellen können. (Eine Beschreibung, wie sie auf unsere heutigen Tage fast genau so zutrifft.)
Ich hatte bewußt einige Zeit seit dem Lesen des Vorgängerbuches vergehen lassen, denn auf Grund des Klappenextes schwante mir schon, daß sich auch für das Volk die Welt und die Bedingungen verändern werden. Wie man aus den Geschichtsbüchern weiß, nicht zum Guten. Wenn ich mir die Geschichte der Indianerkriege so ansehe, dauert es wohl noch eine Weile, bis diese auch auf den Plains so „richtig“ losgehen, doch ob nach diesen ersten Erschütterungen ein nahezu unbesorgtes Leben wie zuvor möglich ist, wird sich in den nächsten Bänden zeigen. Denn, wie stellt Red Feather so richtig fest: „Onkel,“ sagte er ruhig, “du hast recht. Diese sind schlechte Zeiten.“ (S. 11)
Mein Fazit
Die Welt des Volkes verändert sich - und nicht unbedingt zum Besseren. Im Konflikt mit den Spaniern wird die eigene Lebensweise infrage gestellt. Heftige Kämpfe und Stoff zum Nachdenken - Coldsmith erweckt eine lange vergangene Zeit zum Leben.
Über den Autor
Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.
Originaltexte
* = Aiee, thought Red Feather. No wonder that the visions are confused. The whole world has gone mad.
** = „Uncle,“ he said quietly, „you are right. These are evil times.“
Bibliographische Angaben
178 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Verlag: Doubleday New York/London/Toronto/Sydney/Auckland 1989; ISBN-10: 0-385-24232-8; ISBN-13: 978-0-385-24232-5