Nun, Eines nach dem Anderen. Zunächst mußte er dem folgen, wohin die Suche ihn führen würde. Man würde nicht berufen, überlegte er, ohne weitere Anweisungen zu erhalten, wenn man dazu bereit ist.* (Seite 37)

 

Cover: Quest for the White BullZum Inhalt

Es ist Frühjahr in den Plains. Doch dieses Jahr ist etwas anders als sonst: die Büffel kommen nicht. Ohne die Büffel wird das Volk Hunger leiden.
Der junge Medizinmann Red Horse findet in den Aufzeichnungen der Geschichte des Volkes die Erzählung über ein weißes Büffelfell, das vor langer Zeit verloren ging, und gelangt zu der Überzeugung, daß dies die Ursache der jetzigen Probleme sein müsse.
Für ihn ist klar: es ist seine Aufgabe, das Fell eines weißen Büffels zu finden und zurückzubringen. Er begibt sich auf eine gefährliche Reise mit unsicherem Ausgang.

 

 

 

 

 

Meine Meinung

So langsam komme ich mir vor, wie eine der Figuren im Buch - jedenfalls in Bezug auf frühere Ereignisse. Es werden nun bald sieben Jahre, da ich mit dem Lesen dieser Serie begonnen habe. Die groben Handlungslinien habe ich noch im Kopf, Details naturgemäß weniger. Eigentlich hätte ich wissen müssen, was Red Horse in den Jahrzehnte zurückreichenden Aufzeichnungen der Story Skins finden würde: das Verschwinden des weißen Büffelfells. Mir erging es beim Lesen ähnlich wie Red Horse beim Betrachten der alten - heute würde man sagen - Pictogramme auf jenen Lederhäuten, auf denen für jedes Jahr ein wichtiges Ereignis festgehalten ist - quasi das Geschichtsbuch des Volkes. So, wie er eben jene Zeichnung mit dem verlorenen Büffelfell „entzifferte“, so kamen aus dem Dunkel des Gedächtnisses Erinnerungen an eben jenes Ereignis, dessen (lesemäßiger) Zeuge ich vermeine gewesen zu sein, aber mich nicht mehr genau erinnern kann.

„Immer wieder gibt es Erinnerungen an frühere Zeiten, an Legenden und längst Verblichene Helden. Coldsmith hat eine eigene Welt der People mit Sagen, Mythen und eben ihrer Geschichte erschaffen, die in sich konsistent ist und sich langsam, aber sicher zu einem eigenen Kosmos entwickelt. Sehr geschickt und gekonnt verbindet er dabei indianische Mythen mit der Realität, und sei es nur die psychische.“ So schrieb ich zu „World of Silence“ (der Vorgeschichte zum Band 15 „Song of the Rock“). Daran mußte ich beim Lesen dieses Buches immer wieder denken.

Don Coldsmith hat in der Tat eine in sich geschlossene eigene Welt erschaffen, in der eines auf das andere aufbaut - auch über Generationen und Jahrzehnte hinweg. Was allerdings nicht bedeutet, daß man diesen Roman nicht für sich alleine lesen könnte. Die Handlung ist, wie bei allen Bänden der Reihe, in sich abgeschlossen und für sich verständlich, wenngleich dem Kenner der Serie natürlich viele Verweise auf frühere Bände auffallen werden.

Wie schon in anderen Bänden, gelingt Coldsmith auch hier wieder eine überzeugende Symbiose von Realität und indianischer Mythologie, wie ich sie nur selten in Büchern anderer Autoren gefunden habe. (Eowyn Iveys „To the Bright Edge of the World“ / dt. „Das Leuchten am Rand der Welt“ fällt mir da etwa ein, in dem diese Symbiose ähnlich geglückt ist.) Man ist sich selbst nie so ganz sicher, ob es sich um natürlich erklärbare oder übernatürliche, magische Ereignisse handelt. Zumal nach der Erfahrung mit den erwähnten beiden Büchern „Song of the Rock“ und „World of Silence“. Was in ersterem als übernatürliches Ereignis daher kommt, wird in letzterem ganz rational natürlich erklärt. Wie es hier im Buch anklang: es bedarf genauer (Natur-) Beobachtung, will man ein Ereignis „herbeiführen“. Die Vorzeichen müssen stimmen.

Immer wieder gerät Red Horse während seiner Mission - wie nicht anders zu erwarten - in lebensgefährliche Situationen, in denen er sich bewähren muß. Das Problem der fehlenden Büffel betrifft alle Stämme der Plains, so ist es nicht verwunderlich, daß er unterwegs einen weiteren Medizinmann, Digging Owl, trifft, der ebenfalls auf der Suche nach der Lösung des Problems ist. Man tut sich zusammen, und wieder ergeht es dem Leser wie den Figuren: mein weiß nie so recht, was genau der andere vor hat, weil dessen Medizin völlig verschieden von der von Red Horse ist. Digging Owls Vision ist völlig anders als die von Red Horse - und für ihn die richtige. Auch hier zeigt sich wieder das Talent Coldsmiths, sich so gut in die Stämme hineinversetzen zu können, daß die Protagonisten völlig überzeugend denken und handeln. Bis hin zur ungemein beeindruckenden „Katastrophe“, die das Rätsel der ausbleibenden Büffel aufdeckt und gleichzeitig löst, deren eindrucksvolle Bilder mir wohl noch lange im Gedächtnis bleiben werden.

 

 

Mein Fazit

Don Coldsmith hat auch in diesem Band der Reihe Leben und Denken des Volkes zum Leben erweckt und entführt den Leser in eine vergangene Welt, die uns vielleicht mehr über die Zusammenhänge in der Natur lehren kann, als so manche moderne Wissenschaft. Großartig.

 

 

Über den Autor

Don Coldsmith, geboren 1926, arbeitete bis 1988 in Kansas als Arzt. Mit seiner Frau Edna betrieb er zudem eine kleine Farm und Pferdezucht. Er schrieb insgesamt über 40 Bücher und starb am 25. Juni 2009.

Originaltext und Bibliographische Angaben meiner gelesenen Ausgabe

* = Well, one thing at a time. First he must follow where the quest seemed to take him. One would not be called, he reasoned, without receiving further instruction when ready for it.

183 Seiten, 1 Stammtafel, gebunden mit Schutzumschlag
Verlag: Doubleday New York/London/Toronto/Sydney/Auckland 1990. ISBN-10: 0-385-26301-5, ISBN-13: 978-0-385-26301-6

 

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